Entwicklerin Catharina Due Bøhler vom norwegischen "Sarepta Studio" konnte mit "My Child Lebensborn" und "Shadow Puppeteer" bereits viel Erfahrung mit emotional bedrückenden Themen sammeln. Vor allem My Child Lebensborn, das die schwere Lage von Eltern im Zweiten Weltkrieg zeigt, trieb die Entwickler immer wieder an ihre Grenzen. Bøhler erzählte, dass sie bei der Entwicklung Meetings unterbrechen ...
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devcom 2019 - Catharina Due Bøhler: Wie man Spiele mit emotionaler Thematik entwickelt
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Re: devcom 2019 - Catharina Due Bøhler: Wie man Spiele mit emotionaler Thematik entwickelt
Schade, das man die Vorträge nicht sehen kann. Den hier hätte ich schon gerne gesehen.
Als Randnotiz: Ich hätte auch kein Problem damit gehabt, wenn der Charakter im Spiel eine Hautfarbe, eine Religion und ein Geschlecht gehabt hätte. Das hat mich noch nie von einer Identifizierung mit dem Charakter abgehalten. Oder noch viel weiter gefasst: Wer von uns Spielern hat sich schon mal mit einem tierischen Protagonisten identifizieren können? Ich denke die meisten. Und auch da gibt es kein Problem, denn es geht um die Situation des Charakters, nicht um die Geschlechtsteile (naja... in den meisten Fällen, zumindest).
Als Randnotiz: Ich hätte auch kein Problem damit gehabt, wenn der Charakter im Spiel eine Hautfarbe, eine Religion und ein Geschlecht gehabt hätte. Das hat mich noch nie von einer Identifizierung mit dem Charakter abgehalten. Oder noch viel weiter gefasst: Wer von uns Spielern hat sich schon mal mit einem tierischen Protagonisten identifizieren können? Ich denke die meisten. Und auch da gibt es kein Problem, denn es geht um die Situation des Charakters, nicht um die Geschlechtsteile (naja... in den meisten Fällen, zumindest).
Wenn man bis zum Hals in der Scheiße steckt, sollte man nicht den Kopf hängen lassen.
Re: devcom 2019 - Catharina Due Bøhler: Wie man Spiele mit emotionaler Thematik entwickelt
Das Geschlecht umfasst aber nicht nur Geschlechtsteile und tierische Wesen sind wie in Fabeln eigentlich auch meist Stellvertreter von Menschen. Oft haben auch diese Tiere ein Geschlecht. Für mich bedeutet Geschlecht vor allem auch ein gewisses Mindset und Perspektive aufs Leben. Man geht als Mann einfach anders durch die Welt als als Frau. Jede soziale Interaktion ist maßgeblich davon geprägt, was für Geschlechter aufeinander treffen. Lasse ich mich auf einen bestimmten Protagonisten ein, lasse ich mich auch auf dessen Mindset ein und übernehme es. Das lässt uns ja eine Rolle spielen. Die Frage ist nur, ob man jede dieser Rollen wirklich übernehmen will, d.h. das Mindset übernehmen und nachempfinden will*. Sofern eine Figur nicht näher charakterlich spezifiziert ist, greift ein Standard-Mindset, das von Faktoren wie Geschlecht, Rasse/Volk, Klasse und Setting abhängt. D.h. es gibt eine Vorstellung davon, wie ein Mann denkt und fühlt, wie ein Zwerg denkt und fühlt, wie ein männlicher Zwerg denkt und fühlt oder wie ein männlicher Zwerg aus einem bestimmten Zwergenreich denkt und fühlt, ehe dann individuelle Aspekte auf ihn angewendet werden. Dabei ist der Faktor Geschlecht so stark, dass er alle anderen Faktoren wie einen persönlichen Hintergrund trotzdem maßgeblich mitbestimmt. Für mich ist es daher auch bei einer stilisierten Fantasiefigur wie dem Drachen Spyro von maßgeblicher Bedeutung, dass dieser männlich ist, auch wenn wahrscheinlich in keinem Spiel jemals irgendetwas Sexuelles eine Rolle spielen wird. Aber die männliche Perspektive nimmt eben auch dieser Drache im Vergleich zu einem weiblichen Drachen ein (auch wenn dieser optisch nicht von Spyro zu unterscheiden wäre). Das ist alles unausgesprochen aber aufgrund unserer menschlichen Denkweise impliziert.Doc Angelo hat geschrieben: ↑19.08.2019 10:25Als Randnotiz: Ich hätte auch kein Problem damit gehabt, wenn der Charakter im Spiel eine Hautfarbe, eine Religion und ein Geschlecht gehabt hätte. Das hat mich noch nie von einer Identifizierung mit dem Charakter abgehalten. Oder noch viel weiter gefasst: Wer von uns Spielern hat sich schon mal mit einem tierischen Protagonisten identifizieren können? Ich denke die meisten. Und auch da gibt es kein Problem, denn es geht um die Situation des Charakters, nicht um die Geschlechtsteile (naja... in den meisten Fällen, zumindest).
Nun gehen Spieler sehr unterschiedlich damit um. Nicht jeder wird eben dieses Mindset direkt übernehmen. Viele Spieler beschreiben es ja eher so, dass sie ihrer Spielfigur eher zuschauen, anstatt mental mit ihr zu verschmelzen. Ich gehöre zu den Menschen, die entweder sehr mit einer Figur verschmelzen oder ansonsten nicht viel mit einem Spiel anfangen können, weil ich dann nur dabei statt mittendrin wäre. Dabei ist es für mich bereits relevant, dass das Geschlecht lediglich bekannt ist, ohne dass der Körper das irgendwie explizit widerspiegeln muss. D.h. wenn der formlose Blob "Frank" heißt, hat er ein männliches Default-Mindset (sonst hätte man dem Blob auch einfach kein Geschlecht geben können). Die Identität ist also maßgeblich und nicht unbedingt das Aussehen. Wenn also argumentiert wird, dass man das Geschlecht der Spielfigur in einem Raumanzug eh nicht sehen könne, dann reicht mir das aber schon, dass die Figur eben einen männlichen Namen hat, an vereinzelten Stellen als "er" bezeichnet wird oder beim Springen das "ugh" einfach männlich klingt. Bei solchen Spielen dann explizit auf eine Geschlechtszuordnung zu verzichten, indem neutrale Pronomen, ein neutraler (oder kein) Name und androgyne Körperformen gewählt werden, ist für mich persönlich sehr wichtig, bereit zu sein, in die Figur zu schlüpfen. Insofern beruhigt mich die Aussage am Schluss des Artikels, nachdem mich das Bild der Figur zunächst annehmen ließ, dass es sich doch (wahrscheinlich, da noch immer der Default in der Branche) um einen Mann handeln würde.
* Ich las mal, dass Dauerschauspieler von Bösewichten unter Umständen psychisch und psychosomatisch Schaden davon nehmen können, sich ständig in so ein böses Mindset zu versetzen. Diese Fähigkeit macht nämlich gutes Schauspiel aus. Mir geht es da wohl ganz ähnlich, wenn ich in eine Videospiel-Rolle schlüpfe, weshalb ich vor allem männliche Rollen ablehne, aber auch die Rollen böser Charaktere.
Re: devcom 2019 - Catharina Due Bøhler: Wie man Spiele mit emotionaler Thematik entwickelt
Stumm, geschlechtslos, traumatisiert... klingt neutral, ist angesichts des Zeitgeistes aber eine ziemlich klar definierte Rolle. Und es ist feige. Dem Protagonisten ein Gesicht zu verwehren ist aus heutiger Sicht vor allem Shitstorm-Prävention. Man darf sich als Kunstschaffender nicht so einschränken lassen, sonst können wir das Ding mit Demokratie, künstlerischer Freiheit etc. vergessen.
Re: devcom 2019 - Catharina Due Bøhler: Wie man Spiele mit emotionaler Thematik entwickelt
Hm, zur GC fand ich auf die Schnelle nix, aber wenige Wochen zuvor hat sie wohl mal einen ähnlich gelagerten Vortrag auf einem TED Talk gehalten:Doc Angelo hat geschrieben: ↑19.08.2019 10:25Schade, das man die Vorträge nicht sehen kann. Den hier hätte ich schon gerne gesehen.
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Re: devcom 2019 - Catharina Due Bøhler: Wie man Spiele mit emotionaler Thematik entwickelt
Vielen Dank für den Link! Das Publikum war natürlich keins aus Spielern oder Entwicklern, aber viel gibts in dem Talk nicht zu holen. Sie beschreibt ihr Spiel praktisch als Beispiel dafür, das Spiele auch soziale Komponenten enthalten können und "hohe Kunst" sein können. Über die Vorgänge, wie man mit solchen Themen in Spielen umgehen kann, was man bei der Entwicklung bedenken muss und was es bewirken kann, das wird alles nur sehr oberflächlich angekratzt. Es werden auch keine anderen Beispiele gebracht und wie diese funktionieren, obwohl es in der Branche eigentlich mehr als genug gibt. Zugegeben, sie behauptet das es kein Spiel wie ihres gäbe. Naja. Im Grunde ne Vermarktungsrede für ihr Spiel.LePie hat geschrieben: ↑19.08.2019 17:33 Hm, zur GC fand ich auf die Schnelle nix, aber wenige Wochen zuvor hat sie wohl mal einen ähnlich gelagerten Vortrag auf einem TED Talk gehalten: https://youtu.be/s1ge8hwsFOk
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Re: devcom 2019 - Catharina Due Bøhler: Wie man Spiele mit emotionaler Thematik entwickelt
Da hast Du nicht ganz unrecht. Was das Geschlecht, die Kultur, die Hautfarbe, die Religion und noch ganz andere Dinge angeht, gibt es eine ganze Palette von Stereotypen. Das klingt zwar erstmal nach Schubladendenken, aber der Mensch versucht halt seine Umwelt anhand von Erfahrungswerten einzuschätzen. Jemanden nach typischen Handlungsmustern zu bewerten ist einfach eine Form von Energiesparen. Dennoch wissen wir, das sie zwar nicht nie, aber auch nicht immer zutreffen. Zumal wir uns ja in einer Zeit befinden, wo sich solche Stereotypen immer mehr auflösen, weil die herkömmlichen Rollenmodelle nicht mehr ganz so eng gestrickt sind wie zuvor.VaniKa hat geschrieben: ↑19.08.2019 12:37 Für mich bedeutet Geschlecht vor allem auch ein gewisses Mindset und Perspektive aufs Leben. Man geht als Mann einfach anders durch die Welt als als Frau. Jede soziale Interaktion ist maßgeblich davon geprägt, was für Geschlechter aufeinander treffen. [...] Die Identität ist also maßgeblich und nicht unbedingt das Aussehen.
Um mal meine persönliche Erfahrung mit Spielen zu schildern: Ich hatte zum Beispiel keine Probleme, mich mit der Putze in Sunset zu identifizieren. Das sie nicht das gleiche Geschlecht hatte wie ich war überhaupt kein Thema für mich. Ich konnte mich in ihre Situation herein versetzen und habe die Sache so erlebt als wäre ich in ihrer Position. Für mich gab es keinen Aspekt an der ganzen Sache der es mir unmöglich gemacht hätte das zu tun. Ihr Hintergrund, ihr Job, ihre Beziehung zu Ortega, die politschen Geschehnisse in die sie indirekt verwickelt ist... in diesen Schuhen bin ich ne Weile gegangen. Natürlich kenne ich einige der Dinge nicht persönlich, aber das ist ja gerade der Grund für Rollenspiel - um eine Position einzunehmen, in der man noch nicht war.
Ein anderes Beispiel wäre Shelter 2. Da passen Geschlecht und Spezies nicht, und trotzdem konnte ich mich mit dem Hauptcharakter identifizieren. Man könnte vielleicht sagen, das ich mich nicht in jemanden herein versetzen kann, der Kinder geboren hat. Allerdings könnte man das vielleicht über jedes Lebewesen sagen, das dies - bis jetzt - noch nicht getan hat. Ich hab mich um die Kinder gekümmert, hab getrauert wenn eines starb, hab beim letzten Versuch ein vom Adler gerissenes Kätzchen zu retten die Verzweiflung gespürt, hab die Jahreszeiten mit den beiden Großen verbracht, habe festgestellt das die Großkatzen...
Spoiler für die letzten Geschehnisse in Shelter 2
Show
...ihren eigenen Weg gehen wollen und habe den Schmerz der Trennung erfahren, und war am Ende alleine und bin in mein Revier zurück gekehrt. (Für alle die das Spiel noch nicht gespielt haben... es kommt noch ein letzter Aspekt, aber diesen Moment werde ich nicht im Geringsten spoilern. Dafür ist er einfach zu stark.)
Vielleicht wäre es mir als Mann unmöglich, zu wissen wie es sich anfühlt zu menstruieren. Aber ein Spiel, was sich um das Thema dreht, das könnte man auch als Mann spielen. Denn das Spiel würde sicherlich die Menstruation in den Kontext von anderen menschlichen Themen und dem menschlichen Leben setzen, und da gibt es wieder Gemeinsamkeiten. Und wie gesagt... ein Rollenspiel ist ja nicht dafür da, etwas zu spielen was man bereits kennt, sondern etwas zu spielen, was man noch nicht kennt. So seh ich das zumindest.
So... und jetzt geh ich mal gucken, was mein Real-Life-Shelter so macht. Meine Katze hat 4 Kätzchen bekommen, und die wollen alle gefüttert und gestreichelt werden.
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