Yueka hat geschrieben: ↑27.08.2020 08:54
Die Argumentation, dass Apple so hohe Einnahmen braucht (schon öfters gelesen und gehört) ist an den Haaren herbeigezogen.
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So wie deine Argumentation, denn es gibt keine rechtliche Grundlage dafür, wie viele eine Firma verdienen darf oder "braucht". Wenn Apple also sagt, sie "brauchen" das, muss man denen, die ja kein staatliches Unternehmen oder von Spendengeldern finanziertes, gemeinnütziges Unternehmen oder dergleichen, sondern ein gewinnorientiertes Wirtschaftsunternehmen sind, die Entscheidung überlassen, insbesondere dann, wenn die Gebühren sich nicht einmal von ähnlichen Dienstleistungen im eigenen und auf anderen Märkten unterscheiden. Du argumentierst hier mit deiner moralischen Haltung, nicht damit, wofür es rechtliche Grundlagen gibt. Und du nimmst allein die Größe des Marktes als Maßstab und Legitimation für eine mögliche Regulierung... nur ist das ebenfalls keine rechtliche Grundlage, die Marktsituation selbst ist hier entscheidend, nicht die reinen absoluten Zahlen. Und genauso ist das beim Umsatz. Es gibt kein Gesetz, dass pauschal besagt "diese Firma verdient zu viel Geld, damit muss sie automatisch unter Beobachtung stehen und reguliert werden". Und es gibt auch kein Gesetz, dass sagt: wenn Produkt a) eines Marktes nicht mit Produkt b) eines Marktes kompatibel ist, sind es automatisch zwei rechtlich getrennt voneinander zu behandelnde Märkte,
Fakt ist, zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wurde der dafür relevante Sherman-Antitrust-Act in seiner Geschichte, also seit 1890, noch nie in der Form ausgelegt, die Epic jetzt gern hätte und an dem ihr ganzer Fall hängt - und zwar gegen Apple und Google (das sagt zumindest der US-Wirtschaftsrecht-Anwalt, dessen YT-Videos ich hier ab und zu mal verlinkt habe und bei meiner Recherche, hab ich nichts Gegenteiliges gefunden, aber ihr dürft gern Fälle aufzeigen, wenn ihr welche kennt). Wenn man Apple also nicht als Monopolist sehen sollte, den AppStore, nicht als selbstständigen, vom restlichen Smartphonemarkt unabhängigen, regulierungsbedürftigen, selbstständigen Markt, der im öffentlichen Interesse geöffnet werden müsse, fällt der ganze Fall mit aktueller Begründung in sich zusammen, weil dann überhaupt niemand regulieren DARF. Und die Anforderungen für soetwas sind, weil ein Unternehmen so einen Teil der Kontrolle über sein eigenes wirtschaftliches Handeln in seinem selbst geschaffenem Ökosystem aufgeben muss, eben sehr hoch. In den USA sogar noch weit höher als hier. Das das Gericht nach aktuellen Stand nicht dazu neigt, hier aufgrund der ihm aktuell vorliegenden Informationen (und zwar auch im in diese Richtung gehenden Cameron-Verfahren, dass bereits seit einem Jahr läuft) zeigt der etwas weiter unten zitierte Abschnitt sehr gut. Hier sagt das Gericht nämlich, dass es diese Punkte in der einstweiligen Verfügung nicht erlaubt, weil es die Erfolgsaussichten auf Basis der aktuellen Informationen keinesfalls als so hoch einschätzt, wie Epic das tut. Es schließt es nicht aus - darf es auch gar nicht, weil es der Hauptverhandlung beider Fälle vorgreifen würde und erwähnt offene Fragen, aber es klingt doch sehr deutlich danach, dass es sich eurer - und Epics - Definition von Monopol nicht unbedingt anschließen will. Was Sinn macht... immerhin hat das wohl kein Gericht in den letzten 130 Jahren getan.
Likelihood of Success on the Merits: Epic brings ten claims for violations of Sherman Act, the California Cartwright Act, and California Unfair Competition. Based on a review of the current limited record before the Court, the Court cannot conclude that Epic has met the high burden of demonstrating a likelihood of success on the merits, especially in the antitrust context. However, the Court also concludes that serious questions do exist. Indeed, the Court related this action to the Cameron action because there are overlapping questions of facts and law, including substantively similar claims based on the same Apple App Store policies: namely, the 30% fee that Apple takes from developers through each application sale and IAP in the application.
Ich will nicht ausschließen, dass Epic es noch irgendwie schafft, ein Ass aus dem Ärmel zu ziehen, dass dann am Ende von hinten an den Rippen vorbei doch noch irgendwie ins Herz trifft - wie sie das ja schon bei der "aber wir sind doch gar nicht Epic International Sarl"-Argumentation am Ende irgendwie noch geschafft haben. In der Begründung geht das Gericht später auch noch auf die 30% ein und verneint sogar eine "öffentliches Interesse" in Bezug auf Fortnite (und ergo die 30% und Epics "Interesse", damit ja die armen gebeutelten Kunden sparen können). Es führt auf, dass beide Seiten wohl "Fachleute" vorbringen können, warum die 30% nun angemessen oder nicht angemessen seien, aber dass das Gericht annimmt, dass wohl niemand ernsthaft argumentieren kann, dass Apple in ihrem System gar nichts verdienen sollte - und deshalb Fortnite zu den neuen Bedingungen nicht wieder im Store aufgenommen werden muss. Auch in diesem Teil steckt zwischen den Zeilen ziemlich deutlich "wir haben eigentlich nicht vor, dieses Ökosystem aufzubrechen, Epic beispielsweise an Apple vorbei Sideloading zu ermöglichen oder die Gebühr für IAP generell zu kippen - es ist Apples Ökosystem, so soll es auch bleiben. Wir kucken aber, je nachdem, was beim anderen Fall so raus kommt, vielleicht nochmal auf die genaue Prozentzahl."
Liebe Leute, ihr könnt das alles doch nachlesen:
https://www.courtlistener.com/recap/gov ... 5.48.0.pdf Ich red ja nicht grundlos aus heiterem Himmel darüber, dass Epic hier, trotz eines kleinen Teilerfolgs, meiner Meinung nach eine ziemliche Klatsche bekommen hat, die durchaus auch zumindest recht deutliche Vorzeichen auf die Hauptverhandlung wirft. Wie gesagt, natürlich kann und wird Epic jetzt nach weiteren Ansätzen suchen (und hat das mit ihrer Unterteilung auf verschiedene Firmen, die die Verträge unterzeichnet haben ja beim letzten Mal schon erfolgreich gemacht), aber das, was sie in ihrer eingereichten Klage gegen Google und Apple in der Hauptsache fordern, werden sie, mit der Begründung in der Hauptklage, vermutlich einfach nicht annähernd durchbringen - und die Teilabweisung dieser einstweiligen Verfügung liefert in ihrer Begründung, teilweise sehr deutlich, teilweise etwas subtil genug Gründe - leider auch für Epics Anwälte - warum das so sein wird. Ob die neue Strategie eine Anpassung der Forderung, eine außergerichtliche Einigung mit zumindest ein paar Zugeständnissen (man erinnere sich hier dann an den Apple/Amazon-Deal bezüglich Prime Video) oder eine andere Taktik wie bei der Unreal-Engine sein wird, wird man sehen müssen - aber das von euch skizzierte "regulierungsfähiges Monopol, welches der Staat für uns Öffnen muss"-Szenario scheint als zukünftige Taktik eher... wenig erfolgversprechend.