Marosh hat geschrieben: ↑30.01.2021 03:05
BMTH93 hat geschrieben: ↑28.01.2021 14:58
Ich verstehe dieses System nicht ganz. 1. Wie kannst du etwas von mir Leihen und es gleich wieder verkaufen? Die Aktie ist doch gar nicht dein "Eigentum", sondern nur geliehen. 2. Wer ist denn so blöd und kauft eine geliehene Aktie von dir für 300€ wenn es doch offensichtlich ist, dass das Unternehmen den Bach runtergeht? 3. Was hätte ich überhaupt denn davon dir Aktien zu leihen? Um es kurz zu machen.
Oder um es kurz zu machen: Du leihst dir eine Aktie von mir, verkaufst diese sofort und willst sie mir zurückgeben wenn sie an Wert verloren hat? Das wäre ja so als würde ich dir bereitwillig 250€ schenken.
Ich versuche es mal stark zu simplifizieren.
1. Wenn du eine Aktie leihst, dann kannst du damit so ziemlich alles machen was du willst. Wichtig ist nur, dass du nach Ablauf der Zeit die selbe Anzahl an Aktien zurück gibst. Dabei muss es nicht das selbe Stück "Papier" sein, sondern eben nur die Aktie der selben Firma.
Oder ganz anders: Wenn ich ein Brötchen habe, dass ich jetzt gerade nicht brauche, dann verleihe ich es. Der, der sie ausleiht, kann das Brötchen ruhig essen. Mir ist nur wichtig, dass ich nach Ablauf der Zeit ein Brötchen zurück bekommen. Es ist dabei egal, dass es nicht identisch ist.
2. In der Regel weiß niemand, was der Kurs macht. Du leihst die Aktie ja nicht, weil du weißt, dass der Kurs fällt, sondern weil du eine starke Vermutung hast, dass es passiert. (Wir lassen mal Tricks und Manipulationsspielchen aus)
Aber so wie du fallende Kurse vermutest gibt es Andere, die steigende Kurse vermuten. An die verkaufst du dann deine geliehene Aktie. Es gibt immer Käufer und Verkäufer von Aktien, teilweise im Millisekundentakt.
3. Als Verleiher ist es eine andere Perspektive. Üblicherweise kauft man sich Aktien und lässt sie sehr lange liegen. Verleihen ist eine Option um in der Zwischenzeit etwas mit der Aktie zu machen, ohne sie zu verkaufen. Du bekommst etwas Geld für den Verleih und hast am Ende trotzdem die gleiche Anzahl an Aktien. Auch du kannst dir ja nicht sicher sein, dass der Kurs steigt oder sinkt. Da es aber eine langfristige Option ist, bist du aber wohl davon ausgegangen, dass sie steigt. Sollte sie nicht so steigen wie gedacht oder gar fallen, dann kann das Geld aus dem Verleih sogar den Schaden abfangen.
Das führt zu deiner letzten Frage bzw. Vermutung:
Du schenkst nicht bereitwillig 250€.
Mal angenommen du machst mit der Aktie überhaupt nichts und sie fällt von 300€ auf 50€, dann hast du 250€ an Aktienwert verloren. Ende.
Wenn du sie aber vorher verliehen hast und sie fällt von 300€ auf 50€, dann hast du auch 250€ verloren, oder? Nicht ganz, da du ja durch den Verleih etwas verdient hast. Also ist der Verlust etwas weniger als 250€.
Was derjenige macht, der sich die Aktie geliehen hat, kann dir ja egal sein. Hauptsache du bekommst die Aktie zurück. Wie gesagt, wir halten es gerade sehr einfach und ignorieren Tricks und Manipulationen.
Aha, verstehe. Es ist also ein ständiges Wetten darauf ob der Kurs nun fällt oder nicht. Soweit so gut, aber ist es nicht unglaublich zäh und riskant auf diese Art und Weise Geld zu verdienen? Um bei solchen Spielchen überhaupt teilnehmen zu können muss ja bereits eine ordentliche Summe auf dem Konto liegen um die möglichen Verluste auszugleichen. Ich bin also bereits wohlhabend und versuche durch riskante Spielchen Gewinne durch Differenzbeträge zu erwirtschaften?
Das ist absolut korrekt. Solche Leerverkäufe sind für die die sich die Aktien ausleihen ein enormes Risiko und wohl die Mutter aller Glücksspiele an der Börse.
Um es mal in Perspektive zu stellen:
Was ist mein größter Verlust, wenn ich eine normale Aktie für 1000€ von meinem Geld kaufe? Die Aktie löst sich auf und ich verliere die 1000€, 100% Verlust
.
Was ist der größte Verlust beim Leerverkauf? Da gibt es quasi keine Grenzen. Das liegt halt daran, dass ich die geliehene Aktie sofort verkaufe und erst später eine neue kaufe, die ich zurückgeben kann. Hier bei GameStop ist folgendes passiert (Zahlen ohne Gewähr und wieder vereinfacht):
Man hat sich viele Aktien für 5€ geliehen und sofort verkauft. Dann spekulierte man, dass zum Zeitpunkt der Rückgabe der Preis gefallen ist. Es ist aber das Gegenteil passiert. Die Aktie ist bis 400€ angestiegen. Wenn zu diesem Zeitpunkt der Rückgabetermin fällig gewesen wäre, dann hätte man genau das pro Aktie zahlen müssen. Man hätte also 395€ pro Aktie drauf gezahlt. Das ist sehr, sehr, sehr viel mehr Verlust als die 100%. Weil eine Aktie nach oben keine Grenze hat, ist also auch das Risiko unbegrenzt. Natürlich ist das jetzt keine Norm, was bei GameStop passiert. Es zeigt aber gut das Risiko.
Etwas weiterführend:
Jetzt gibt es bei GameStop noch ein paar andere Sachen, die mit rein spielen. Die Aktie ist mit 120% geshortet. Das heißt, es sind 120% der Aktien im Umlauf bzw. werden benötigt, wenn alle Leerverkäufe zur exakt selben Zeit auslaufen würden. Man sieht das Problem, oder? Sowas kommt davon, weil man selbst geliehene Aktien nochmal verleihen kann oder gar Aktien, die man jetzt noch gar nicht besitzt. Klingt absurd, ist aber möglich. Genau das macht sich die Community rund um WBS Reddit zu nutze.
Dadurch, dass mehr Aktien benötigt werden als es eigentlich gibt, ist es leichter den Markt zu verknappen. Natürlich kann ein einzelner Kleinanlage nicht viel ausrichten. Ob der jetzt 1 oder 2 Aktien kauft und nicht mehr hergibt, spielt bei dem Volumen keine Rolle. Machen das jedoch 1 oder 2 Millionen (!) Menschen mit 1 oder 2 Aktien, dann steht eine signifikante Menge an Aktien im Raum. Das sind alles Aktien, die nicht verliehen sind und tatsächlich von den Personen gehalten werden. Wir reden sogar von viel mehr Menschen, die teilweise noch viel mehr Aktien gekauft haben.
Die haben jetzt die Kontrolle, da sie selbst entscheiden können, ob sie die Aktie verkaufen oder nicht. Die Hedgfonds hingegen MÜSSEN ab einem bestimmten Punkt Aktien kaufen. Was passiert aber, wenn die Community, die eine große Menge an Aktien hält, nein sagt? Der Preis steigt. Er steigt so lange, bis die Leute verkaufen (irgendwann wird jeder schwach). Sobald verkauft wird, können die Hedgfonds die benötigten Aktien als Käufer erhalten. Das sollten sie tun, bevor der Termin fällig wird, damit zum Termin alle Aktien vorhanden sind. Wenn also eine hartnäckige Community zusammensteht, die einen signifikanten Teil der Aktien hält und die Aktie auf 120% geshortet ist, dann stehen die Big Player an der Wand.
Das Ergebnis sieht man am Kurs. Es geht steil nach oben.