Kajetan hat geschrieben: ↑09.01.2018 17:33
Das Traurige daran ist, dass es zu vielen Eltern scheissegal ist, weil sie keinen Bock haben sich damit zu beschäftigen. Weil Bildung kein Thema ist, wo man nach dem Drücken eines Knopfes sofort sieht, das etwas passiert. Hier braucht man Geduld und einen langen Atem, um die Früchte kluger Bildungspolitik ernten zu können. Weswegen sich halt kaum eine Sau dafür interessiert.
Nicht ganz. Wir sind da mittlerweile mitten in einem heftigem Umbruch.
Die ganze IT ist mittlerweile zu komplex, als das sich jemand der sich nicht explizit dafür interessiert, damit auskennen könnte. Und mittlerweile sind wir sogar schon soweit, dass das auch schon Eltern betrifft. Die können es den Kindern nicht beibringen, denn sie können/verstehen es selbst nicht.
Das ist wie das eigene Auto. Wer kann denn da überhaupt noch was? Reifen wechseln geht vielleicht gerade noch, dann wars das aber auch schon wieder, und selbst das machen die meisten nicht selbst. Und wenn das Auto mittlerweile immerhin selbst meldet, dass Kühlwasser oder sonstwas nicht passt, fährt man direkt in eine Werkstatt, auch wenn es Zeug ist, das jemand mit halbwegs Ahnung locker selbst machen könnte. Dafür muss man kein Automechaniker sein. Von Zündkerzen oder Lampen wechseln reden wir mal gar nicht. Aber das ist nicht unähnlich. Viele Autos sind so "verbastelt", dass ein Normalo kaum mehr die Lampen in den Scheinwerfern wechseln kann, selbst wenn er wollte, weil man entweder ohne Spezialwerkzeug oder ohne die halbe Front zu zerlegen gar nicht mehr ran kommt.
Der ENTSCHEIDEND Unterschied ist, beim Auto ist mittlerweile jedem klar, dass man dann eben in die Werkstatt muss und das Geld kostet. Bei der IT/PC/Internetzugang glaubt allerdings der Großteil noch, das man das doch auch selbst ohne jegliche Ahnung machen kann, oder der Nachbar, der schonmal ein Netzwerkkabel selbstständig ohne Anleitung eingesteckt hat machen kann.
Extrem erschwerend kommt mittlerweile noch der Wechsel von IPv4 auf IPv6 dazu, inkl. Übergangskrücken wie DSLite. Selbst viele Leute die IPv4 noch halbwegs verstehen sind mit IPv6 und DSLite am Ende ihres Lateins. Blöd, wenn der Internetanschluss mit DSLite läuft und man das nichtmal unfallfrei buchstabieren kann. Aber man ist ja schließlich "Internetexperte".
Noch viel schlimmer macht das die Allwissendheit mancher Leute die sie Google nennen. Das ist ähnlich wie Krankheitssymptome. Schließlich ist jeder der einen Suchbegriff in Google eintippen kann damit faktisch auch gleich Arzt. Da juckts mal in der Nase und wenn man die Symptome googled hat man gleich mal Krebs, Alzheimer und Parkinson zusammen. Google hat das ja so gesagt. Analog wenn "das Internet kaputt ist", googled man halt, findet zahlreiche Beiträge und stellt dann mal wild feste IPs ein, DNS um, fummelt an der MTU rum, erstellt wilde Portforwardings, usw, ohne überhaupt den blassendsten Schimmer zu haben, was man da eigentlich tut. Google hat das ja so gesagt.
Völlig abhanden gekommen ist dabei eine einfache logische, strukturierte Fehlersuche, egal ob man Ahnung hat oder nicht. Da werden mal eben 5 Parameter auf einmal geändert, wenns nicht geht nochmal 5 andere Parameter und irgendwann gehts (oder halt auch nicht) und keiner weiß warum, weil man ja alles auf einmal geändert hat. Das man dabei ggf. 14 Sicherheitslücken aufgerissen hat und nur eine einzige Einstellung das eigentliche Problem war, interessiert nicht. Wird schon nix passieren.
Und diese allgemeine verbreitete Selbstverständlichkeit... Furchtbar z.B. was WLAN betrifft. WLAN ist da und hat zu funktionieren, immer und überall. So scheinen die meisten Leute zu denken. Auf der Packung steht ja 300m Reichweite. Das "bis zu" wird gekonnt ignoriert. Wie oft lese ich in diversen Foren, dass die PS4 nicht ins Internet kommt und man WIRKLICH schon ALLES probiert hat. Und dann stellt sich raus, dass die PS4 via WLAN verbunden ist und relativ vom Router 50m am anderen Ende des Betonbunkers steht und das WLAN einfach scheiße ist. Nicht selten ist das Problem, das man den 5€ China-WLAN-router vom Provider verwendet und mit einem "richtigem" Router auch WLAN kein Problem wäre. Nur der würde halt mal 50-100€ kosten. Und das ist zu teuer.
Es muss einfach mal langsam ins Hirn der Leute, dass das alles komplexe Technik ist und nicht unbedingt immer einfach out-of-the-Box funktioniert, und vorallem, dass das nicht jeder Hinz und Kunz kann, der schonmal ein Netzwerkkabel eingesteckt hat ohne dabei die Nase des Steckers abzubrechen. Und dazu braucht es eben versierte Leute, manchmal nennt man sowas auch Fachkraft, nur die arbeiten halt normalerweise nicht für umsonst.
Ich habe das schon lange aufgegeben fremden Leuten zu helfen. Ich mach das im ganz engen Bekanntenkreis noch. Remote schreibe ich ab und zu noch antworten, wenn was offensichtlich (für mich) ist. Meistens kommen aber nur dumme, unfähige Antworten, nicht selten wird man gar noch als Besserwisser bezeichnet, und dann lass ich es einfach, auch wenn ich theoretisch helfen könnte.
Von daher stimme ich da absolut zu. Grundlegende Netzwerktechnik sollte mittlerweile in ganz normalen Schulen unterrichtet werden. ODER man sollte sich damit abfinden, dass man sowas selbst eben nicht kann und dann entsprechend Fachkräfte beauftragen und die auch bezahlen. Und NEIN, das liegt nicht beim Internetprovider. Dessen Zuständigkeit endet an der Steckdose aus der das Internet kommt. GOTT SEI DANK!
Kajetan hat geschrieben: ↑09.01.2018 17:33
Das dezent Positive daran ist der Umstand, dass es bei uns noch relativ gut geht. Das Bildungssystem ist bei nicht wenigen unserer europäischen Nachbarn noch kaputter und maroder, weil dort NOCH WENIGER für Bildung getan wird. Von daher sollte man nicht wieder reflexhaft gleich das Ende der BRD ausrufen
Etliche andere sind uns da aber auch weit vorraus. Da sollte man halt unser Schulsystem auch nicht unbedingt mit Indien vergleichen. Wo bei es dabei noch nichtmal um das System ansich geht, sondern erstmal um die generellen Inhalte und deren Praxisrelevanz. Also ich durfte in Physik noch lernen, wie ein Verbrennungsmotor funktioniert. Bringt mir nur absolut gar nix, weil ich weder selbst einen Motor bauen kann, noch an aktuellen Motoren aufgrund dieses rudimentären Wissens irgendwas reparieren könnte.