Usul hat geschrieben: ↑20.04.2022 13:34
Krulemuk hat geschrieben: ↑20.04.2022 13:25Und genau das ist das "Problem". Das war genau mein Punkt!
Aber genau dieser Punkt ist sophistischer Natur, wie ich finde. Während man beim biologischen Geschlecht ja durchaus noch argumentieren kann ("der Professor" kann sich eben auch nur auf den männlichen Professor beziehen), ist die Hautfarbe ja überhaupt gar nicht ein Teil des Problems - und damit auch kein "Diskriminierungsaspekt". Da "der Professor" nichts darüber sagt, ob der jetzt weiß oder schwarz oder sonstwas ist, kann sich auch keiner davon nicht direkt angesprochen fühlen, da eben alle angesprochen werden. Es gibt keinen Widerspruch zwischen dem grammatikalischen Konstrukt und der tatsächlichen Entsprechung.
Dieser Widerspruch kann beim Geschlecht aber eben entstehen - eben weil "der Professor" auch nur der männliche Professor sein könnte. Und um eben diese Möglichkeit zu minimieren, wird auf die eine oder andere Art gegendert.
Mir ist schon klar, dass wir uns wiederholen, aber ich habe immer noch nicht verstanden, ob du das mit der Hautfarbe (als Beispiel) nun wirklich ernst meinst oder ob du das als Behelfsargument gegen das Gendern ins Feld führst, auch wenn es für sich genommen absolut keinen Sinn ergibt.
OK, ich wiederhole mich auch einmal, da ich tatsächlich das Gefühl habe, dass du mich nicht verstanden hast: Einerseits stellst du "sprachpsychologische" Gründe über grammatikalische Korrektheit und unterstreichst, dass es wichtig ist, wie das Gesagte beim Rezipienten ankommt, andererseits scheint es dich nicht zu stören, dass Menschen sprachpsychologisch sowohl bei der Nennung von "Professoren" als auch von "ProfessorInnen" immer an weiße, wahrscheinlich heterosexuelle Menschen denken und damit auch eine entsprechende Kompetenzzuschreibung verbunden ist, die dir beim Geschlecht ja offensichtlich wichtig ist. Dein Punkt, dass es grammatikalisch um die Verwechslung von Sexus und Genus geht und die Hautfarbe und andere Aspekte gar keine Rolle spielen, habe ich durchaus verstanden (ist ja auch korrekt), allerdings erscheint er mir nicht stringent, bzw. sogar vernachlässigbar, wenn du gleichzeitig eben den diskriminierenden Charakter der beim Rezipienten ankommenden sprachpsychologischen Wirkung betonst. Denn der umfasst eben nicht nur das Geschlecht sondern potentiell alle identitätspolitischen Merkmale von Personen.
Jetzt mit dir darüber zu diskutieren, wie vernachlässigbar dieser Aspekt ist, finde ich nicht zielführend. Da ist es denke ich sinnvoller sich auf ein "We agree to disagree" zu einigen
Edit: Wenn wir bereit sind, auf grammatikalische Vorgaben zu pfeifen, sollte es auch keine Rolle spielen, dass es grammatikalisch derzeit nur Geschlechterrollen gibt, denn dann sind wir frei. Dann ist auch eine neugeschaffene grammatikalische Form für Hautfarbe und sexuelle Orientierung zur expliziten Nennung denkbar.
Ich meine dieses (Negativ-)Beispiel durchaus ernst, es zeigt aber, wie komplex es werden kann, wenn man versucht allumfassende Gerechtigkeit über Sprachgebote herzustellen. Ich glaube nicht, dass man damit abseits einer akademischen Elite irgend jemanden überzeugen können wird.