VaniKa hat geschrieben: ↑09.02.2021 15:18
(...)
Du missachtest hier das Thema (historische) Machtverhältnisse, wodurch es von entscheidender Bedeutung ist, wer hier wen darstellt und nutzt.
(...)
Der "male gaze" ist nicht einfach nur das harmlose Betrachten und Schönfinden weiblicher Körper, sondern vor allem auch ein Gefühl von Entitlement gegenüber diesen Körpern und ein Blick von Mächtigen auf Ohnmächtige. Das ist, was diesen Blick so toxisch macht. Und das ist, was so ein Po-Schwenk am Ende ausdrückt.
Es gibt in anderen Bereichen klarere Regeln, wie man mit derartigen historischen "Altlasten" umgeht. Stichwort Juden in Deutschland und Schwarze in den USA.
(...)
Nazi-Vergangenheit, koloniales Erbe, Patriarchat, all das spielt eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung solcher Sachverhalte. Wer hier einfach als Mann nur meint, dass doch nichts dabei wäre, einfach mal ein schönes Frauen-Popöchen zu bewundern, verkennt diesen Gesamtkomplex.
Ich akzeptiere dein Argument der historischen Machtverhältnisse nicht, um damit de facto eine neue Ungerechtigkeit von heute zu begründen.
Es ist einfach grob falsch sexuelle Fantasien von Männern, die sich auf einfache, sichtbare weibliche Geschlechtsmerkmale beziehen automatisch als sexistisch, machtkorumpiert, frauenfeindlich abzustempeln und im gleichen Atemzug weibliche Sexfantasien als moralisch höherwertig aus dem direkten Vergleich zu nehmen.
Du unterscheidest hart zwischen männlichen sexuellen Fantasien mit entsprechenden Triggern und weiblichen sexuellen Fantasien mit ihren entsprechenden Triggern. Ersteres soll Problematisch sein und letzteres bitteschön nicht, auch wenn die Trigger absolut ähnlich sind. Und die Bründung ist dann, weil:
1. Männer insbesondere früher Frauen wie selbstverständlich herabgewürdigt haben und
2. weil männliche sexuelle Fantasien, wenn sie sich allein auf weibliche Geschlechtsmerkmale beziehen per se etwas frauenfeindliches an sich haben.
Es gibt keine angeborene, historische Schuld, die ich als Mann ausgleichen muss.
Ich bin ein farbiger Mensch und es wäre ziemlicher Unsinn, wenn ich von meinen weißen Mitmenschen eine Einschränkung ihrer Rechte erwarte würde, weil ihre Vorfahren in irgendeiner Form an der Sklaverei partizipiert haben. Wohlgemerkt eine Einschränkung von Rechten (die Verwirklichen sexuelller Fantasien in fiktiven Werken ohne einen Schaden für andere Personen), welche du für dich selbst ganz selbstverständlich in Anspruch nimmst.
Auch der Gedanke, dass meine sexuellen Präferenzen per se irgendwie gefährlicher wären als die einer Frau finde ich völlig abwegig.
Ob ein Mann eine laufende Frauenfigur mit wippenden Brüsten in ein Game programmiert oder ob eine Twitchstreamerin ihr Dekolletè ihren Zuschauern präsentiert ist im Reiz und der Wirkung praktisch gleich. Der Unterschied ist nur wer dafür verantwortlich ist. Billig kann aber beides sein, egal ob es von einem Mann oder einer Frau kommt.
Wichtig ist aber, dass wippende Brüste, pralle Hintern, tiefe Dekolletès erstmal niemanden schaden, solange sie nicht hauptsächlich die Wahrnehmung von Frauen bestimmen oder Frauen für diese Bilder ausgenutzt werden.
Nicht jeder so erregte Typ wertet Frauen in seinem Geist ab. Und weibliche Sexfantasien sind nicht höherwertiger als männliche.
Die Frage ist wie reflektiert wir heute in unserer Welt sind. Es gibt keine Ideoligie, keine moralisch bessere Position, keine gut gemeinten Ziele, die einem von der Verantwortung zum Nachdenken befreien.