dx1 hat geschrieben: ↑13.06.2019 21:39
Paulaner hat geschrieben: ↑13.06.2019 20:07
Im Kern handelt es sich bei dieser Debatte doch um die Frage, ob wir es hier mit einer genetischen Prädisposition zu tun haben, die ein Mensch zum Ausdruck bringt, oder ob es sich dabei um ein Produkt von Erziehung und persönlicher Erfahrung handelt.
Vergiss die Hormongabe im Uterus nicht. Kriegste zu viel oder zu wenig, denkt Dein Gehirn weiblich, obwohl Du einen Schniedel hast, bzw. umgekehrt. Oder Du bist homosexuell. Das Schwulen-Gen ist immer noch nicht zweifelsfrei ausgemacht, bei den Hormonen, die dem Embryo während der Entwicklung zugeführt werden ist man sich als Mitursache schon sicherer.
Als "neutralen" Einstieg in die Welt der (Um-)Erziehung empfehle ich Dir, Dich mit den Ergebnissen vom "Umerziehen von Linkshändern" auseinander zu setzen. Wenn Du damit durch bist, stell Dir die Frage erneut, wie schwer oder einfach, wie disruptiv oder harmlos eine Umerziehung zu einem Transmenschen wäre. Und vor allem: Wie unbemerkt für das Opfer und dessen Umwelt könnte diese vonstatten gehen?
Ich finde es katastrophal, dass wir (die Gesellschaft) heute die selben sinnlosen Diskussionen führen, wie wir sie vor Jahrzehnten über (ja, über, nicht mit) Homosexuellen geführt haben. Fakt ist, wenn jemand irgendwo auf dem Spektrum zwischen und inklusive Cis ist, dann ist das so. Die Person trägt daran keine Schuld und ist Teil unserer Gesellschaft. Ende.
Um mal bei der Analogie zu bleiben, könnte man ja auch behaupten, man mache eben genau die Geschlechtsangeglichenen zu rechtshändern. Wer weiß?
Ich habe ja im übrigen auch nicht behauptet, dass es in jedem Fall falsch ist, eine Angleichung vorzunehmen. Nur, dass mich die nackten Zahlen wundern. Erstens aus meiner bereits beschriebenen persönlichen Erfahrung. Zweitens aus der Erfahrung eines Freundes, der Kinder- und Jugendpsychotherapeut ist. Darüber hinaus geht es ja gerade darum, dass hier Entscheidungen getroffen werden, bei denen in die Körperlichkeit (und via Hormontherapie in die Psyche) von Heranwachsenden, sich noch entwickelnden Kindern oder Jugendlichen eingegriffen wird. Ich habe im übrigen auch immer genau davon geredet, nämlich von Kindern und Jugendlichen. Von noch unfertigen Menschen, denen man bis zu ihrem 16 Lebensjahr bspw. aufgrund ihrer Unreife nicht zutraut, Alkohol verantwortungsvoll zu konsumieren. Oder zu wählen. Oder ein Auto zu fahren. Überwiegend zu Recht.
Natürlich gilt es immer verantwortungsvoll abzuwägen, wer hier für solche Hormontherapien und chirugischen Operationen berechtigt ist. Das tut das Kind/der Jugendliche ja nicht allein. Das wird auch von Psychologen und Ärzten entschieden. Von mehreren übrigens, die sich nicht in jedem Fall einig sein müssen. Aber allein, dass solche Uneinigkeiten bestehen können, zeigt schon die Problematik.
Das Beispiel mit der Homosexualität ist dann im übrigen auch ein ganz anderes, weil sich das vor allem ja auf erwachsene Menschen bezieht. Erwachsenen können tun und lassen, was sie wollen, solange die Rechte Dritter dabei bewahrt werden. Und auch Kinder und Jugendliche tragen im übrigen keine Schuld an ihrem Empfinden und sind ebenso Teil unserer Gesellschaft. Das war gar nicht mein Punkt. Der Punkt war eher genau andersherum: Nämlich, dass wir als Gesellschaft vielleicht eine Mitschuld daran tragen können, dass Kinder und Jugendliche - ich wiederhole: unfertige, ja im eigentlichen Sinne noch vollkommen instabile Persönlichkeiten - so empfinden, wie sie es tun. Und dass das daran liegt, welche Erziehung und Erfahrungen wir unseren Kindern eingeben.
Im übrigen erinnere ich hier nochmal an die entstehende Zwickmühle: Einerseits müssen Menschen für eine erfolgreiche Geschlechtsangleichung möglichst noch im Kinder- oder Jugendalter sein, weil dann ein möglichst gutes Ergebnis erzielt werden kann. Andererseits sind es eben noch Kinder und Jugendliche, also Personen, die ein besonderes Schutzbefürfnis und mangelnde Eigenverantwortlichkeit besitzen, bei denen solche Eingriffe stattfinden.
Ich finde diese Sache weniger klar, als mancher sie hinstellt.