Hokurn hat geschrieben: ↑06.06.2017 16:35
Ich glaube wir meinen das gleiche. Oder das selbe.
Beispiel Staffel 2:
Jep, tun wir.
Soooo, ich bin dann jetzt auch mal durch. Der Test liegt meiner Meinung nach ziemlich richtig, auch mir hat diese Staffel ein bisschen besser gefallen als Staffel 2, weil sie inhaltlich einfach nicht so durchgerushst war wie die Vorherige. Man hatte einen ziemlich klaren Cast, dem auch genug Zeit gegeben wurde, ihn "kennenzulernen" und vor allem einschätzen zu können, während man in der vorherigen Staffel eigentlich drauf warten konnte, dass seine Begleiter oder die Gruppe, der man sich anschloss irgendwann - meist auf unschöne Art - "weg waren" und man sich der Nächsten anschloss. Das sorgte hier dann letztlich auch für einen merklich größeren emotionalen Impact, wenn mal ein "wichtiger" Charakter starb. Außerdem schön: dadurch, dass man Clem hier nicht direkt spielt, haben es sich die Jungs und Mädels von Telltale nicht nehmen lassen, den Spieler der ersten beiden Staffeln zu "bewerten". Es gibt einige Situationen, in denen Clem nicht unbedingt auf Javi hört, sondern sich eben so verhält, wie sie es in Staffel 1 von Lee "beigebracht" bekommen hat und wie man als Spieler selbst in Staffel 2 ihren Charakter geformt hat. Fand ich super, zumal es gegen Ende sogar in einer Schlüsselszene eingesetzt wurde. Auch super fand ich, dass Clem und ihre Geschichte nie als "Unwichtig" dargestellt wurde, obwohl es in dieser Staffel primär um etwas anderes geht. Ihr eigenes Schicksal und ihre "Suche" (sowohl in Rückblicken als auch in den aktuellen Situationen) war trotz dessen, dass es eigentlich um die Garcias geht, ab dem Moment, wo sie auf Javi trifft, immer präsent.
Kritik? Sicher... manche Charaktere bleiben, je nach Pfad den man einschlägt, ziemlich blass. Man hat versucht, manchen davon in den Rückblicken mit Clem noch etwas Profil zu verleihen, aber so wirklich gelungen ist das meiner Meinung nach nicht.
Die Technik: das Spiel sieht merklich besser aus, als die vorherigen zwei Staffeln. Es gibt viel mehr Details, die Kamera agiert flexibler - und wenn man mal TWD Season 2 zum direkten Vergleich startet, sieht man dass sich da deutlich was getan hat. Aber wie Benjamin schon im Test anmerkte: trotz Comic-Look sind wir am Ende noch weit weg davon, einigermaßen modern oder zeitgemäß auszusehen. Dazu kommen die ebenfalls im Test angemerkten schlechten Animationen und auch bei der Mimik hätte man eine ordentliche Schippe drauf legen sollen. Außerdem gibts manchmal wirklich fiese Framerate-Einbrüche, massig Clipping-Fehler und zumindest zwei Mal hatte ich auch extreme grafische Probleme, wo einfach riesige Linien aus Körpern oder Gegenständen heraus ragen (was allerdings mit einem Neustart des Spiels zu beheben ist).
Die Übersetzung: hier wundert es mich, dass im Test dazu gar nichts zu lesen war. Ab und zu rutscht ein englischer Satz in die Untertitel. Das spricht zwar nicht gerade für hohe Qualität, ist aber mehr ein kleines Ärgernis als ein großes Drama. Was allerdings ein Drama ist, ist das es bei mindestens 3 wichtigen Gesprächoptionen vorkommt, dass die Auswahl einfach so mies übersetzt wurde, dass Javi am Ende genau das Gegenteil von dem sagt, was der Anreißertext bei der Dialogauswahl sagt. Bei zwei davon hab ich nochmal neu anfangen müssen, weil ich mit den Auswirkungen davon nun so gar nicht leben wollte, beim dritten hab ich mir dann einfach "fuck you" gedacht, weil ich hätte das ganze Kapitel noch einmal von vorn beginnen müssen und es quasi fast am Ende von selbigen war. Sowas darf in dieser Art von Spiel schlicht nicht vorkommen. Die inoffiziellen Übersetzungen für die ersten beiden Staffeln waren qualitativ mindestens 2 Schulnoten über dem, was Telltale hier geliefert hat.
Spielzeit: ich hab den Endruck, diese Staffel ist nochmal gut 20% kürzer als die eh schon ziemlich kurze zweite Staffel. Ach, Telltale...
Ansonsten gabs noch ein paar Auffälligkeiten, insbesondere was das "Wege wieder zusammenführen" anging. Das ging gleich am Anfang los:
Hat man sich am Ende von Staffel 2 entschieden, mit AJ in Wellington zu bleiben und - in meinem Fall - Kenny zu verlassen, so wird zwar auch alles wieder schnell zusammen geführt, macht aber aufgrund der spätere in dieser Staffel enthüllten "Schandtaten" der New Frontier Sinn. Erstaulich viel Sinn sogar, für ein Telltale-Spiel. Plus, als kleiner Extrabonus: Kennys Schicksal wird in der ganzen Staffel nicht erwähnt, er könnte also potentiell noch leben.
Ist man aber am Ende von Staffel 2 bei - in meinem Fall - aber bei Kenny geblieben, stirbt der doch recht ikonische und langlebige Charakter wohl den dämlichsten Tod, den man in etwas, dass den Namen TWD trägt, sterben kann. Hier gibt es zwar mehr "Kenny"-Rückblicke, dafür bleibt Clems Vergangenheit mit der New Frontier etwas weniger klar gezeichnet. Und naja, Kenny ist dann halt endgültig tot. Wenn der Charakter schon sterben muss, hätte man sich an dieser Stelle echt wirklich was anderes einfallen lassen müssen.
Allgemein bleibt sich Telltale hier ziemlich treu, indem das Motto: "wenn du es mit einer Person verkackt hast, kommt garantiert irgendwo ne andere her" meist wie gewohnt umgesetzt wird. Allerdings gibts diesmal zumindest ein paar wenige Ausnahmen.
@Benjamin
Du hast da eine Stelle im Spiel kritisiert, die dir zu überhastet vorkam, ich hab an dieser Stelle die andere Variante genutzt und bei mir ging das offenbar wesentlich "passender" aus.
Ich fuhr am Ende nicht David hinterher, sondern mit Kate zurück nach Richmond um die Stadt zu retten. Clem ist dann hinter den beiden hergefahren. Nachdem die Stadt unter Mithilfe von Jesus wieder unter unsere Kontrolle gelangt war, kam Clem mit einem verletzten Gabe zurück. Beide erzählten das, was du in deiner Version wohl erlebt hast. Darauf hin gingen Javi und Kate zum Unfallort, es gab ein paar sensible Worte, es wurde ein kleines Loch ausgehoben, um Davids Dogtag zu begraben, wie er es sich gewünscht hatte und dann ging es zurück. Ab dann spielten sich beide Varianten wohl wieder gleich. Ich fand das in der Variante und in Anbetracht der Situation eigentlich recht gut umgesetzt.
Fazit: am Ende hab ich hier in der Tat, trotz der kurzen Spielzeit von knapp 9 Stunden ein deutlich besseres Spiel bekommen, als ich es erwartet hatte (und als es die Steam-Bewertungen andeuten). Clem diesmal in eine (wichtige) Nebenrolle zu packen, war meiner Meinung nach eine gute Entscheidung - insbesondere, wenn man es so umgesetzt hat, wie man es getan hat und so mitunter die Auswirkungen der letzten beiden Staffeln auf sie zu spüren bekommt. Die Story um die Garcias war völlig okay und telltaletypisch gut inszeniert, wenn auch oft ziemlich vorhersehbar. Immerhin hat sie hier wohl auch ein Ende gefunden (für TWD-Verhältnisse würde ich sogar fast sagen: sie hatte in meiner Version sogar ein happy-end) und Clem wird vermutlich in der nächsten Staffel wieder die Hauptprotagonistin sein. Die technischen Mankos sind zwar schade, aber für mich in dem Fall kein wirkliches Kriterium. Wenn die erzählerische Qualität so bleibt, kauf ich gern noch ein paar Staffeln. Mich holt Telltale einfach erzählerisch bei diesen Spielen ab. Spielmechanisch erwarte ich schlicht nichts von ihnen - es ist und bleibt halt eher ein leicht interaktiver Film, statt wirklich ein Spiel zu sein. Daran finde ich persönlich nichts verkehrt.