Phaon hat geschrieben:
Tatsächlich kann ich deinen Standpunkt absolut verstehen und nachvollziehen, da viele meiner Freunde genauso denken. Ein Spielerlebnis ist ja immer zu einem gewissen Grad vorgefertigt, weil sich die Entwickler genaue Gedanken darüber machen, mit welchen Problemen und Situationen sie den Spieler konfrontieren. Es liegt dann am Spieler, mit diesen Situationen umzugehen. Der klassische Fall wäre zum Beispiel, dass ich in "Tomb Raider" in einen Raum komme und ein Rätsel lösen muss, was im Falle der alten Teile immer mit einem gewissen Anspruch verbunden war. Wenn ich ein Rätsel dann gelöst hatte, war damit immer ein Gefühl von Befriedigung verbunden. Diese Befriedigung entsteht aber nur durch den Anspruch, oder anders gesagt: wenn es keine Herausforderung gibt, dann auch kein Gefühl des Erfolgs. Früher lieferten die Spiele selbst durch das Weglassen von Hilfen diese Herausforderungen, heute jedoch ist es so, dass sich viele Spieler frustriert fühlen, wenn sie nicht weiterkommen. Man ist einfach nicht mehr bereit, sich Fortschritt zu erarbeiten. Daher gibt es jetzt allerlei Hilfen, um den Fortschritt aufrechtzuerhalten. "Hängt" man an einer Stelle, ist das für viele heutige Spieler ein Zeichen für schlechtes Gamedesign. Der springende Punkt an Hilfen ist der, dass ich auch beim Abschalten der Hilfe nicht das Gefühl habe, die Herausforderung des Spiels gemeistert zu haben - ich habe mir das Weiterkommen einfach selbst erschwert, indem ich die Hilfe abgeschaltet bzw. einen höheren Schwierigkeitsgrad gewählt habe. Der Anspruch kommt nicht vom Spiel, sondern von mir selbst, in etwa so, als würde ich mir beim Basketballspielen eine Hand auf den Rücken binden.
Das sehe ich anders und eine ähnliche Diskussion hatte ich vor einer Woche oder zwei in einem anderen Thread, in dem ich meine Meinung etwas revidieren und anpassen musste, selbige bekommst du jetzt zu hören: wenn ich das Spiel Dishonored nehme, als Beispiel. Der Teleport darin ist unglaublich stark und macht Stealth zu leicht. Wenn ich als Spieler mir die Herausforderung stelle, es ohne zu machen, damit es anspruchsvoll wird, dann binde ich mir wirklich eine Hand auf den Rücken.
Wenn das Spiel aber für unterschiedliche Spielertypen unterschiedliche Modi anbietet und ich selbigen nur aussuchen, bzw wählen muss, dann ist das keine Hand die ich mir auf den Rücken binde. Dann wähle ich nur das Spiel nach meinem Fähigkeiten/Vorlieben zu spielen. Und da ist durchaus eine Herausforderung möglich, es gibt auch heute genug Spiele die in ihrer Basis leicht zu 'meistern' sind, aber eben die Optionen haben, das Spiel anspruchsvoll zu gestalten.
Das meine ich jetzt nicht böse, aber wenn du so stur bist und diese Möglichkeiten nicht wahrnehmen willst, weil du dich etwas zu sehr an damals hältst, dann bist du eigentlich selbst Schuld, dass viele Games für dich eigentlich schlechter sind, als sie sein können. Das gilt natürlich nicht für jedes Spiel, viele verstehen unter einer höheren Schwierigkeit nur einfaches upscaling von werten der Gegner, was auch nichts bringt. Aber heutzutage ist man doch darauf bedacht, für so viele Leute wie möglich etwas zu bieten, man als Spieler muss manchmal doch einfach nur das Angebot annehmen^^
Phaon hat geschrieben:
Ich bin zwar kein Vater, habe mich aber ausgiebig mit Moraltheorie beschäftigt, um zu wissen, dass es meine moralische Pflicht wäre, einen einzelnen Menschen zu opfern, um die gesamte Menschheit zu retten. Ich würde mich dafür hassen, mich vielleicht sogar selbst umbringen, aber in diesem Moment ist es an Joels Stelle verdammt nochmal einfach eine moralische Pflicht, Ellie zu töten, zumal er eh schon hunderte andere Menschen auf dem Gewissen hat und es ihr eigener Wille ist. Einen Menschen zu verschonen und damit indirekt Millionen andere zu töten, nur weil man eine emotionale Beziehung zu dieser Person hat, ist doch das Egoistischste überhaupt. Aber darauf zielt das Spiel eben ab: Emotionalität.
Nun, man merkt, dass du kein Vater bist und in der Moraltheorie hast du mit allem was du sagst, absolut Recht. Das Problem liegt nur dabei, dass Menschen nach keiner Moraltheorie leben oder besser gesagt: die wenigsten. Damit meine ich nicht, dass sie keine Moral hätten. Die hat jeder irgendwie für sich selbst, für jene die ihm nahe stehen etc. Aber dieses 'ich muss für die Allgemeinheit verzichten' ist in der Theorie vielleicht ein Ansatz, in der Realität stehen dem aber viele Dinge im Weg.
Für dich war Joel 'irrational' und das ist er auch, aber gerade das macht den Charakter 'menschlicher' und damit glaubhafter. Zumal es keine Minderheit wäre, die ähnlich gehandelt hätte. Weil Menschen eben so sind^^ es ist auch irrational, dass sie Dinge wollen, die schädlich für sie sind. Dennoch begeben sich Millionen und Abermillionen freiwillig in eine Sucht und Co aus manchmal den eigentlich dümmsten Gründen. Und von außen betrachtet ist das absolut irrational und dumm, aber so ist es eben.
Ich kann da nur für mich sprechen, aber ich hätte das ganze Spiel nicht für voll genommen, wenn Joel im Krankenhaus mit den Schultern gezuckt, es hingenommen hätte und einfach nach Hause gegangen wäre, weil es für die Menschheit wäre! Das wäre für mich zB zu viel triefender Pseudo-Heroismus, erst Recht gemessen an den Umständen, dass man ihm das erst kurz vor Schluss sagt, was passieren muss. Dass man mehr oder minder versucht das runterzuspielen und ihn dann auch noch bedroht.
Ich betone es nochmals: deine Meinung dazu sei dir gegönnt. Du siehst das alles wesentlich rationaler viele andere, ob du das in einer ähnlichen Situation dann auch wirklich so machen würdest, ist dann aber auch immer noch eine andere Frage. Der Punkt ist aber eben der, dass Menschen in vielem nicht rational sind und das macht gerade viele der von dir genannten Charaktere erst 'interessant'. (: