Wenn's nach mir ginge, würden Filme und Serien aus dem englischen Sprachraum bei uns auch nicht mehr übersetzt. Im EU-Umland wird das auch nicht so exzessiv gemacht wie bei uns und als Resultat wird dort oft besser Englisch gesprochen als hier.
Zumal das heute eigentlich auch kaum noch nötig sein sollte. Ich verstehe wenn jemand in meinem Alter in der Schule früher nicht gut aufgepasst hat und daher eher einzelne Brocken als den ganzen Satz versteht; aber heute ist das Internet und damit auch die Weltsprache doch so allgegenwärtig, dass man eigentlich keine Ausrede mehr hat.
Ich meine, ich selber spreche heute viel, viel besser Englisch als damals zu Schulzeiten und das nur, weil ich schon immer nicht nach einer deutschen Übersetzung von Texten, Filmen, Büchern, Spielen usw. gesucht habe, sondern die englischen Medien konsumiert und wenn ich mal etwas nicht verstanden habe "Wort XX Übersetzung" in Google eingegeben habe und nachgeguckt.
Das Ergebnis ist, dass ich heute ausser bei sehr starken Akzenten (z.B. die Ghettokids in The Wire) und sehr spezifischem, fachbezogenem Englisch alles genauso gut verstehe als wenn Deutsch gesprochen wird. Früher musste ich noch darüber nachdenken, was das Gehörte / Gelesene jetzt auf Deutsch bedeutet, heute fällt selbst dieser Schritt komplett weg.
Und ich bin als '83er Jahrgang nichtmal mit dem Internet aufgewachsen, hab in Englisch nie aufgepasst, nie Hausaufgaben gemacht oder für Vokabeltests und Klausuren gelernt. Trotzdem kann ich heute z.B. Game of Thrones oder GTA im O-Ton genießen, ohne irgendwas nicht zu verstehen. Sorry, wenn das vielleicht ein bisschen arrogant klingt, aber ich sehe ernsthaft keinen Grund mehr, warum man heute kein Englisch spricht - abgesehen von Desinteresse oder schlicht Faulheit, sich mit der Sprache auseinanderzusetzen. Und ich meine das nicht abwertend oder als Angriff auf irgendwen. Herrgott, nichtmal bei Stefan Raab wird noch übersetzt was die englischsprachigen Gäste sagen. Kinder lernen heute schon im Kindergarten die ersten paar Brocken Englisch. Die Welt wächst immer mehr zusammen, immer mehr des alltäglichen Sprachgebrauchs ist Englisch und im Internet kann man sich keine 5 Minuten aufhalten ohne mit der Sprache konfrontiert zu werden. Es gibt Milliarden Smartphones auf der Welt, tausende Wörterbuch-Apps und mobile Internetzugänge mit denen man sich jederzeit überall schlau machen kann. Man muss es doch nur tun.
Fakt ist, dass Sprache durch Übersetzung verfälscht wird. Dabei geht es auch nicht nur um Bedeutung und Inhalt, sondern auch um Phonetik, Betonung, etc.
Man muss sich mal klar machen, dass es in einem Film, wenn die ganze Zeit ununterbrochen geredet wird, vielleicht 2 bis 2 1/2 Stunden Text gibt. Bei einem Spiel wie GTA bekommt man diese Menge an Text schon alleine durch die Werbejingles, Nachrichtenmeldungen und Moderationen der Radio- und Fernsehsender. Es geht ja nicht nur darum, die Texte in eine inhaltlich korrekte Form zu übersetzen, sondern eine richtig gute Übersetzung macht sich auch Gedanken darüber, wie bestimmte Charaktere bestimmte Dinge betonen, dazu kommen Slangausdrücke, die Frage, ob man Namen übersetzt oder nicht, usw. Hinter einer guten Synchronisation steckt viel mehr Arbeit als die Texte sinngemäß zu übersetzen und angemessen vorzutragen.
Wer sich mit dem Thema mal näher befassen möchte, findet
hier einen interessanten Artikel zum Thema Übersetzung und
hier einen Artikel, der sich mit Übersetzung und Synchronisation befasst.
Ich hab' immer in diesen Threads den Eindruck, dass sich das jeder so einfach vorstellt. Bei GTA IV gab's ja dieselbe Diskussion; da wurde auch immer gern vergessen, dass man auch nicht nur Englisch gehört hat, sondern dass es auf den Straßen auch französisch, italienisch, deutsch, slovakisch, tschechisch und andere Sprachen auf die Ohren gab. Das hat in Liberty City auch definitiv zur Atmosphäre beigetragen, schliesslich ist die Stadt dort ein "Nachbau" von New York, einem Schmelztiegel der Kulturen. In einer deutschen Synchronisation wären all die verschiedenen Sprachen verschwunden und nur noch Deutsch wäre übrig geblieben. Damit wäre ein ganzer Aspekt der Stadt, nämlich eben diese Vielfalt an Kulturen akustisch komplett weggebrochen.
The Last of Us ist auch so ein Beispiel. Die deutsche Synchro in dem Spiel gehört zu den besten, die ich je gehört habe. Die muss sich definitiv nicht vor der englischen verstecken und hält auch locker mit den Synchro-Arbeiten der großen Kinofilme mit. Trotzdem, auch hier gehen Nuancen verloren. In der Betonung einzelner Dialogzeilen oder auch nur, dass die originalen Synchronsprecher, die ja auch das Motion Capturing gemacht haben bei einzelnen Zeilen kurz ausser Atem waren, während die deutschen das nicht waren. Mir ist auch in der deutschen Synchro gar nicht so aufgefallen, wieviel Ellie flucht. Auf englisch flucht sie wie ein Kesselflicker, gefühlt gibt's in jedem 2. Satz ein "Fuck", auf deutsch wird das "Fuck" so oft mit irgendwas anderem übersetzt, dass man es so geballt gar nicht mehr wahrnimmt. Dadurch wirkt das Mundwerk von Ellie wesentlich weniger dreckig und unbewusst nimmt man sie daher auch ein bisschen anders wahr.
Aber nur mal als kleinen Denkanstoß: Wenn man mit Franklin auf der Straße Passanten anspricht (Steuerkreuz Rechts), dann sagt er ab und zu: "A-yo, 'sup witchu?" (Yo, what is up with you?).
Übersetzung, wenn man es auf Deutsch mit Umgangssprache machen möchte, wäre dann wohl "Ey jo, was geht'n mit dir ab?". Das ist inhaltlich richtig, der Unterschied ist aber dass das im Englischen sehr stark akzentgeprägte (Ghetto-) Umgangssprache ist und bei uns Jugendsprache von Teenagern, die cool sein wollen. Ist es also im Englischen für einen ca. 25-Jährigen schwarzen Mann aus dem Ghetto absolut passend, würde es auf deutsch unpassend bis peinlich und vor allem infantilisierend wirken.
Nagut, ich könnt' noch stundenlang so weitermachen.
@FürstderSchatten, falls du das liest: TL;DR: Synchros sind böse.