Lord Hesketh-Fortescue hat geschrieben:Finde ich eine komische „Beweislastumkehr“, um mal einen schrägen Vergleich zu bemühen. Bethesda vermarkten Fallout als Rollenspiel, ALLE mir bekannten Rezensenten rezensieren es als Rollenspiel, Käufer kaufen es als Rollenspiel, also wäre es eure Aufgabe zu begründen, warum es das bitteschön nicht auch sein sollte.
Das man das Spiel mit dem Etikett Rollenspiel versieht, muss ja nicht bedeuten das es das ist. Aber gut oben steht eine deutlich einfachere/universalere Definition von Rollenspiel (RPG Mechanik steht im Vordergrund), der kann man sich dafür anschließen.
Warum es beispielsweise ein Jump’n Run ist. Und das kann nicht stichhaltig gelingen, weil Fallout mit den Merkmalen „individualisierbare Charakterentwicklung in Leveln“ und „Quest-Struktur“ mindestens ausreichende und auch völlig konsensuale Wesensmerkmale eines RPGs erfüllt, eure komische Grenze also mithin eine herbei-fantasierte und rein willkürliche wäre.
Ich behaupte nicht, dass es die eindeutig seeligmachende Definition gibt. Nur sehe ich einen Unterschied zwischen einer Minimaldefinition und einer Maximaldefinition. Und irgendwo dazwischen wird dann subjektiv festgelegt, was persönlich wichtig ist. Ich gebe aber gerne zu, dass man mit der Maximaldefinition auch nicht allzu weit kommt, weil dann natürlich auch etliche/ältere Spiele rausfallen würden, die aufgrund ihrer Entstehungszeit und den damaligen Möglichkeiten, das Genre zwar begründet haben, aber natürlich selten die Komplexität späterer Spiele erreicht haben. Also ja für mich wären die Spielmechanik (Leveln, Queststruktur) auch nur ein Aspekt von mehreren, vielleicht sind die individuellen Ansprüche mitunter auch einfach etwas zu hoch, zumindest gemessen an den bisherigen Spielen.
Und Genres funktionieren nun mal, wie sprachliche Kategorisierung überhaupt, nach den Regeln von Konsens und Konvention, und nicht nach irgendwelchen willkürlichen Ausschließlichkeitskriterien einzelner Forenheinis. Für eine Bedeutungsverschiebung, die es natürlich über die Zeit immer geben kann, seid ihr nicht wirkmächtig genug. Fallout wird seinem Wesen nach als Rollenspiel wahrgenommen und als solches gespielt, also ist es eines. Simple Story. Der Versuch, dies zu beugen und brechen, ist aber natürlich legitim, nicht das wir uns da falsch verstehen. Nur kommt das in der gerne mal en passant formulierten Selbstverständlichkeit dann eben etwas lachhaft rüber.
So willkührlich sind die Kriterien nun auch nicht, aber die Diskussion ist tatsächlich müßig, weil die Bereitschaft zum Verständnis beiderseitig nicht sonderlich vorhanden zu sein scheint. Davon abgesehen mache ich das an dem gravierenden Unterschieden zwischen den ersten beiden Teilen und den Bethesda Teilen fest. Das ist dann nicht nur ein Gefühl, sondern eine Entwicklung, dass die RPG Anteile spürbar abgenommen haben. Gut anscheinend kann man sich damit besser arrangieren, wenn man diesen Anspruch an ein Falloutspiel einfach garnicht mehr teilt/stellt und natürlich sagt das auch nicht zwangsläufig etwas über den letztendlichen Spielspaß/Bewertung von Fallout 4 aus.
Ich bezweifle allerdings das es hier nur um die Meinung von ein paar "Forenheinis" geht (Reaktionen sind durchaus vorhanden, aber wenn das nur in der großen Masse relevant ist, dann spielt das natürlich generell kaum eine Rolle, für Besthesda erst recht nicht, denn die kommen so oder so auf ihre Verkaufszahlen). Übrigens würde ich "Forenheinis" eher nicht in einer normalen Diskussion verwenden, hinterlässt nicht gerade einen vernünftigen Eindruck.
Allerdings sehe ich auch nicht ein, innerhalb eines Genres nicht auch verschiedene , u.U. sehr divergente Spielarten und Philosophien zuzulassen, ohne mich endlos in sinnlosen Grabenkämpfen zu verlieren. Auch Subgenres können da ja was Feines sein, um die Sache weiter aufzudröseln.
Gut sinnlos darauf rumzureiten bringt tatsächlich nichts. Und ja es gibt vielfältige Einordnungsmöglichkeiten, auch im Rollenspielgenre. Der Einfachheit/Kompromissbereitschaft halber bleibts dann wohl bei der Definition weiter oben.
Ich muss als Witcher-Fan jedenfalls nicht unbedingt die Rollenspiel-Sandburg der Fallout-Fans zertrampeln und denen auch noch die Förmchen wegnehmen, weil sie halt eine ganz andere Rollenspiel-Philosophie antörnt. Und andersherum. Whatever floats your boat. Und ob diese Peinlichkeitsgrenze zwischen sinnvoller und notwendiger Einteilung und absolut albernen Definitions-Stellungskriegen von den hier erneut anwesenden Rollenspielexperten immer so 100%ig wahrgenommen wird, da hab ich, bei allem gebührenden Respekt für euer grenzenloses Fachwissen, doch so meine leisen Zweifel.
Vielleicht ist das ja das Grundproblem, es ging an sich nicht um die absolute Durchsetzung irgendeiner Rollenspieldefinition. Es geht im Kern wohl primär darum, dass die Rollenspielelemente eher reduziert/vereinfacht als ausgebaut werden. Das hat aufgrund der damit verbundenen Akzeptanz durchaus den kritisierten Einfluss, insofern ist es zum Teil auch die aufgestaute Enttäuschung über diese Entwicklung insgesamt, die sich dann an solchen Beispielen mehr oder weniger entlädt.
Den Witcher hätte ich so auch nie ins Spiel gebracht, auch wenn es für einige nahe zu liegen scheint, dass man beide Spiele unbedingt miteinander vergleichen sollte.