Allgemeiner Politikthread

Hier gehört alles rein, was nichts mit dem Thema Spiele zu tun hat.

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Boesor
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Beitrag von Boesor »

Pius Quintus hat geschrieben: Kein Bürger Deutschlands muss zu einer Abstimmung, gleich welcher Art, mehr als 10km zurücklegen. Das halte ich für durchaus vertretbar; und diejenigen, denen selbst solch ein Weg zu weit ist (oder einfach nicht mehr mobil genug sind), können Briefwählen. Der Vergleich mit Adams' humpelt also nicht nur, er hat beide Beine gebrochen. ;)
Der Vergleich von Adams ist richtig, du interpretierst ihn nur falsch denke ich.
Es geht nicht um Entfernung oder Mühe, sondern um Information.
Sprich: Alpha Centauri ist weit, aber unwichtig, denn es wusste schlicht niemand, dass dort etwas liegt.
Und ich fürchte ähnlich uninformiert waren nicht wenige der wahlberechtigten Hamburger.
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Cosii
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Beitrag von Cosii »

Das heißt es soll keine Volksentscheide geben, weil sich sowieso kein Schwein dafür interessiert? :|
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Boesor
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Beitrag von Boesor »

Cosii hat geschrieben:Das heißt es soll keine Volksentscheide geben, weil sich sowieso kein Schwein dafür interessiert? :|
Nein, es soll meiner Ansicht nach keine Volksentscheide geben weil auf ein Thema zugespitzte Entscheidungen zu oberflächlich sind und ich das Volk für zu leicht manipulierbar halte.

Beispiel S21: Wieviele der theoretisch wahlberechtigten bei einem solchen Volksentscheid wissen um die Tragweite ihrer Entscheidung? Also Kosten bei Bau oder nicht, Auswirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur usw.
Verantwortbare Volksentscheide setzen eine hohes Maß an (richtigen) Informationen voraus.
Und in einem Land indem eine zeitung wie BILD die Meinungsführerschaft hat ist mir das zu gefährlich.
Vielleicht bin ich zu pessimistisch, aber ich halte das Volk ehrlich gesagt dafür nicht geeignet.
Allgemeine (und natürlich teils auch konkrete) Richtungsentscheidungen per wahl, ja, das ist was anderes und natürlich die beste und den schlechten regierungsformen.
Aber bitte keine direkte Mitbestimmung bei derart komplexen Themen.

Anders sieht das übrigens bei lokalen Projekten aus, also beispielsweise die Abstimmung über den Neubau einer Stadthalle o.ä.
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Wulgaru
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Beitrag von Wulgaru »

Für meine Begriffe kann man mit der Wahl einer Partei für vier-fünf Jahre mehr Schaden anrichten, als mit einem Volksentscheid der maximal regionale Auswirkungen hat.

Gerade S21 ist doch ein Superbeispiel das auch die "informierte" Regierungs-Seite erst einmal eine ganze Weile nach oberflächlichen Prestige-Kriterien vorgeht, solange das keiner kritisch in Frage stellt.

Ganz davon abgesehen leben wir zunächst mal in einer Demokratie. Volksentscheide mit "ihr seid zu dumm dafür" abzuwatschen, kann nicht das Argument sein. Das eventuell eher konservative Entscheidungen getroffen werden, stünde auf einem ganz anderem Blatt. Im Falle Hamburg kann das imho aber auch einmal als Reaktion auf einen faulen Reformkompromiss gesehen werden...
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Boesor
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Beitrag von Boesor »

Wulgaru hat geschrieben:
Ganz davon abgesehen leben wir zunächst mal in einer Demokratie. Volksentscheide mit "ihr seid zu dumm dafür" abzuwatschen, kann nicht das Argument sein.
das habe ich auch nicht als Argument gebracht.
Und natürlich leben wir in einer Demokratie. Einer Demokratie die seit 60 Jahren ohne Volksentscheide existiert.
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Deadringer
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Beitrag von Deadringer »

Boesor hat geschrieben:
Cosii hat geschrieben:Das heißt es soll keine Volksentscheide geben, weil sich sowieso kein Schwein dafür interessiert? :|
Nein, es soll meiner Ansicht nach keine Volksentscheide geben weil auf ein Thema zugespitzte Entscheidungen zu oberflächlich sind und ich das Volk für zu leicht manipulierbar halte.
Das glaube ich auch. Bei uns in Hessen gabs ja den Volksentscheid mit der "Schuldenbremse". Die meisten Bürger werden wohl gedacht haben "Ja, super Entscheidung, dann habens unser Nachkommen besser als wir." Dass es dann wohl auch bedeutet, dass zukünftig kein Geld im Haushalt ist und es später wichtige Anschaffungen nicht umgesetzt werden, das haben sich dann womöglich dann nur die 30% gedacht.
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Cosii
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Beitrag von Cosii »

Boesor hat geschrieben:
Cosii hat geschrieben:Das heißt es soll keine Volksentscheide geben, weil sich sowieso kein Schwein dafür interessiert? :|
Nein, es soll meiner Ansicht nach keine Volksentscheide geben weil auf ein Thema zugespitzte Entscheidungen zu oberflächlich sind und ich das Volk für zu leicht manipulierbar halte.

Beispiel S21: Wieviele der theoretisch wahlberechtigten bei einem solchen Volksentscheid wissen um die Tragweite ihrer Entscheidung? Also Kosten bei Bau oder nicht, Auswirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur usw.
Verantwortbare Volksentscheide setzen eine hohes Maß an (richtigen) Informationen voraus.
Und in einem Land indem eine zeitung wie BILD die Meinungsführerschaft hat ist mir das zu gefährlich.
Vielleicht bin ich zu pessimistisch, aber ich halte das Volk ehrlich gesagt dafür nicht geeignet.
Allgemeine (und natürlich teils auch konkrete) Richtungsentscheidungen per wahl, ja, das ist was anderes und natürlich die beste und den schlechten regierungsformen.
Aber bitte keine direkte Mitbestimmung bei derart komplexen Themen.

Anders sieht das übrigens bei lokalen Projekten aus, also beispielsweise die Abstimmung über den Neubau einer Stadthalle o.ä.
Du gehst also davon aus, dass das Groß der Bevölkerung in Deutschland sich von Hetzmedien wie der Bild manipulieren lässt und deshalb extrem in ihrer eigenen Meinungsfindung beeinflusst wird? Ich unterstelle so gut wie jedem Stuttgart21-Volksentscheid-Stimmenabgeber, dass er weiß, was er da tut, dass er sich anständig informiert und fähig ist, sich eine eigene Meinung bildet.

Speziell Stuttgart 21 hat doch gezeigt, wie moderne Demokratie zu funktionieren hat. Beide Parteien setzen sich an einen Tisch und diskutieren öffentlich, tauschen Argumente aus und am Ende gibt es einen unparteiischen, unverbindlichen Schlichterspruch als Richtlinie. In keinem anderen Bauprojekt, das es jemals gegeben hat wurde, besonders in Baden-Württemberg natürlich, informiert.

Ja, wir leben in einer Demokratie, die es seit 60 Jahren gibt. Wir leben aber heutzutage auch in einer Demokratie, in der Politikverdrossenheit zum Alltag gehört, in der sich viele nicht mehr alles von oben sagen lassen wollen und in der die Menschen unzufrieden mit ihren großen Volksparteien sind. Is nicht so, als gäbe es nichts zu verbessern.

E: Nicht zu vergessen, dass ein endgültiger Baustopp zur Zeit totaler Blödsinn wäre.
Zuletzt geändert von Cosii am 31.03.2011 18:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Bulli1992
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Beitrag von Bulli1992 »

ich fänd gerade bei S21 einen Volksentscheid nicht verkehrt, dann würde endlich mal wieder ruhe einkehren. Wobei das ganze gerede um S21 für manche wohl auch nicht schlecht war um die ein oder andere Entscheidung mal im Schatten von S21 vorbeilaufen zu lassen. Aber ich befürchte wenn es bei dem Projekt keinen Volksentscheid gibt, wird es ewig hin und her gehen. Danach könnte zumindest keiner mehr sagen, dass gegen den Willen der Bevölkerung gehandelt wird. Bei solchen Dingen halt ich also einen Volksentscheid für durchaus angebracht, gibt aber Dinge, bei denen es definitiv keine Volksentscheide geben sollte (z.B was Finanzpolitik o.Ä angeht)


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Boesor
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Beitrag von Boesor »

Cosii hat geschrieben: Du gehst also davon aus, dass das Groß der Bevölkerung in Deutschland sich von Hetzmedien wie der Bild manipulieren lässt und deshalb extrem in ihrer eigenen Meinungsfindung beeinflusst wird? Ich unterstelle so gut wie jedem Stuttgart21-Volksentscheid-Stimmenabgeber, dass er weiß, was er da tut, dass er sich anständig informiert und fähig ist, sich eine eigene Meinung bildet.
Es ist ja nicht so, dass ich mich darüber freue, aber ja, ich bin da äußerst pessimistisch.
Speziell Stuttgart 21 hat doch gezeigt, wie moderne Demokratie zu funktionieren hat. Beide Parteien setzen sich an einen Tisch und diskutieren öffentlich, tauschen Argumente aus und am Ende gibt es einen unparteiischen, unverbindlichen Schlichterspruch als Richtlinie. In keinem anderen Bauprojekt, das es jemals gegeben hat wurde, besonders in Baden-Württemberg natürlich, informiert.
Das ist allerdings was völlig anderes als ein Volksentscheid. gegen ein "ins Boot holen" von (wenn auch Jahre zu spät) empörten Gegnern habe ich gar nichts, im Gegenteil, das ist ne gute Sache, also wenigstens vom Prinzip her.
das ganze zum jetzigen Zeitpunkt war natürlich eine Farce, der Geißler konnte von den bisher geschaffenen fakten ja gar nicht mehr unabhängig entscheiden oder empfehlen. Ein Ausstieg stand zu dem Zeitpunkt ja eigentlich gar nicht mehr zur Debatte.
Ja, wir leben in einer Demokratie, die es seit 60 Jahren gibt. Wir leben aber heutzutage auch in einer Demokratie, in der Politikverdrossenheit zum Alltag gehört, in der sich viele nicht mehr alles von oben sagen lassen wollen und in der die Menschen unzufrieden mit ihren großen Volksparteien sind. Is nicht so, als gäbe es nichts zu verbessern.
Das merkwürdige finde ich ja, dass die partei die einiges von dem umsetzt was in ihrem Wahlprogramm stand jetzt die meisten probleme hat. Ja, die FDP war bereits im Vorfeld ziemlich ehrlich, beispielsweise was die Sache mit den Hoteliers anging und dennoch sind alle unheimlich überrascht wenn so etwas beschlossen wird.
ich glaube mit etwas mehr Informationsbereitschaft wären wir schon wesentlich weiter.
Solange Politiker aber glauben, dass die Wähler nach wie vor die Wahrheit nicht hören wollen und von uns Wählern auch noch darin bestärken wird das nicht besser
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Boesor
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Beitrag von Boesor »

Cosii hat geschrieben:
E: Nicht zu vergessen, dass ein endgültiger Baustopp zur Zeit totaler Blödsinn wäre.
Den man aber mit einem Volksentscheid am Ende vielleicht durchsetzen müsste. Denn man kann ja schlecht einen solchen ausrufen und sich dann nicht ans Ergebnis halten.
!Tino!
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Beitrag von !Tino! »

zum Thema Volksentscheid:

schaut euch diesesVideo mal aufmerksam an und zieht eure Schlüsse.
Vielleicht sehen andere das Thema "Volksentscheid" nun kritischer...
Für mich zeigt dieser Beitrag sogar auf, das Bildung niemals "Sache" des Volkes werden darf !
Ich gehe sogar soweit und sage (mal wieder) "armes Deutschland", auch wenn ich weiß, dass es in den meisten anderen Ländern unter den "gleichen" Vorraussetzungen auch nicht anders laufen würde.

Dass "gelebte Demokratie" in unserer Gesellschaft und bei bestimmten Parteien mehrheitlich sehr positiv gesehen wird mag zwar sein, doch diese "VOLKsentscheidung" kann nun auch nicht der Wahrheit letzter Schluss sein!
In Hamburg entschieden die meisten Stimmberechtigten nicht "rational" oder nach einer "guten" Maxime, sondern allein nach dem eigenem Vorteil!
ich weiß: ein krasser Vorwurf!
Doch auf mich wirkt das nicht so, als ob die meisten ihre Entscheidung nach "langer" Abwägung trafen!
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Wulgaru
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Beitrag von Wulgaru »

Genauso gut könnte ich das Ergebnis der letzten Bundestagswahl oder je nach politischer Richtung auch das Ergebnis der 1998er-Abstimmung posten....nein wie schrecklich...man sollte Bürger echt nicht wählen lassen. Da kommt ja am Ende etwas bei heraus mit dem nicht alle einverstanden sind. :wink:

Nebenbei:
Bayrisches Rauchverbot, wie steht man hier dazu? Auch so schrecklich?
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Bedameister
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Beitrag von Bedameister »

Westerwelle kurz vor Parteichef-Rücktritt ?

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 84,00.html

Irgendeine Konsequenz musste er ja mal ziehen. Mal kucken vieleicht schafft es ein Lindner ja ähnliche Popularität wie ein Guttenberg zu erlangen. Das Potential dafür sehe ich schon in gewisser Weiße
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Boesor
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Beitrag von Boesor »

Wulgaru hat geschrieben:
Nebenbei:
Bayrisches Rauchverbot, wie steht man hier dazu? Auch so schrecklich?
Für mich eine Entscheidung die sowieso durch die Politik hätte fallen müssen.
Aber kein beispiel für einen Mehrheitsentscheid, wenn man sich wahlbeteiligung und spätere Reaktionen anschaut.
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Wulgaru
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Beitrag von Wulgaru »

Boesor hat geschrieben:
Wulgaru hat geschrieben:
Nebenbei:
Bayrisches Rauchverbot, wie steht man hier dazu? Auch so schrecklich?
Für mich eine Entscheidung die sowieso durch die Politik hätte fallen müssen.
Aber kein beispiel für einen Mehrheitsentscheid, wenn man sich wahlbeteiligung und spätere Reaktionen anschaut.
Kritische Reaktionen gibt es immer, sonst gäbe es doch gar keine Abstimmung. Alle die bei der letzten Wahl die Opposition gewählt haben, sind ja auch nicht vor Freude in Tränen ausgebrochen, weil die Mehrheit etwas anderes entschieden hat.

Niedrige Wahlbeteiligung ist bei Volksentscheiden in anderen Ländern die Regel. Es geht nun einmal immer um Probleme die nicht alle betreffen oder interessieren. Grundschulreform in Hamburg? Rauchverbot in Bayern? S21 in Stuttgart? Alles spezielle Probleme die nur eine spezielle Gruppe von Menschen betrifft und interessiert. Auch an den Abstimmungsorten selbst.
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