andymk hat geschrieben:
Gegenbeispiel. Ich arbeite an der Uni in einem extrem männlich geprägten Forschungsumfeld - 80% der Profs männlich, 70% der Mitarbeiter, 60% der Studenten. - Wenn allerdings eine der 20%, 30%, 40% weiblichen Professoren, Mitarbeiter, Studenten aufsteht und einen Debattenbeitrag leistet, muss sie diesen nicht einleiten mit "Also, ich hab` mich ja schon seit frühster Kindheit für das Mittelalter interessiert und habe die Bücher von X, Y und Z gelesen und n Aufsätze in folgenden Zeitschriften verfasst und und und..." - nein, man glaubt ihr von Anfang an, dass sie sinnvolle Debattenbeiträge leisten kann und reagiert auf ihre Aussagen nicht abwertend mit "Pah, so ein quatsch, ich wette, du kannst nicht mal Latein" oder "Ach, Unfug, Frauen haben doch gar keine Ahnung von Core-Mediävistik, sondern gucken nur gerne Ritterfilme mit Orlando Bloom."
Ich weiß nicht ob ich den vergleich angebracht finde, um ehrlich zu sein. Ich verstehe zwar vollkommen, was du sagen willst...aber ich finde den Vergleich einfach nicht passend.
andymk hat geschrieben:Ähnliche Ausgangssituation also wie in der Gamer-Szene - Männer klar in der Mehrheit und an allen Schaltpositionen - aber anderer Umgang mit der "weiblichen Minderheit": Frauen stehen nicht unter einem apriotischen Druck, sich als kentnnisreiches und argumentationsberechtigtes Mitglied der Szene ausweisen zu müssen - dieser Status wird bei ihnen wie bei ihren männlichen Kollegen vorausgesetzt. Wer keine Ahnung hat, wird dies durch seine Aussagen schon deutlich machen - ein Umstand, der dann aber eben NICHT am Geschlecht festgemacht wird, sondern an der individuellen Qualifikation.
Nun, ich habe im Forum ehrlich gesagt noch nicht erlebt, dass ein männlicher Gamer je einen weiblichen blöd angemacht hätte von wegen 'du bist eine Frau, beweis erstmal, dass du Ahnung hast'. Das habe ich so ehrlich gesagt noch nicht gesehen, weder hier noch im RL. Eher machen sich die Gamer untereinander so an, vollkommen unwissend welches Geschlecht das Gegenüber überhaupt hat. da wird das Alter unter Gamern mehr 'diskriminiert' als das Geschlecht, von allem was ich bisher gesehen habe. Zudem: es gibt im Gaming eigentlich keine "Qualifikation", das sind nur paar die sich besonders wichtig fühlen, die sowas verstreuen. Deshalb ist die Lage doch schon eine etwas andere.
andymk hat geschrieben:Also: nur weil ein Bereich eine Männerdomäne ist, muss nicht automatisch eine apriorische Einordnung von Frauen als das "andere" erfolgen - sie können halt auch einfach nur eine gleichberechtigte Minderheit darstellen. In der Gamer-Szene ist das meiner Meinung nach einfach noch nicht so - hier sind Frauen noch keine Gamer, sondern Gamer-Girls, eine eigene Kategorie. Und da muss man mittelfristig von weg. Das ist ja auch schon der ganze Kerngedanke von "Gleichberechtigung".
Wie ich schon davor mal gepostet hab: ich weiß nicht ob man das wirklich so pauschalisiert festmachen kann. Es gibt Kreise wie den meinen, in welchen es absolut normal ist, dass die Frauen beim CoD-Abend den Jungs mal die Köpfe wegfeuern^^ in anderen geht es eben auch anders zu. Ich würde es nun nicht wagen generell zu sagen, dass Frauen eine "Sonderstellung" haben weil sie womöglich eine Minderheit im Gaming sind.
andymk hat geschrieben:Ich hab`s noch nie verstanden, warum um diesen Umstand so ein Defensivgewese gemacht wird. Die Gamer-Szene schadet sich doch nicht damit, wenn sie zugibt, dass sie ein dementsprechendes Defizit hat... auch in meinem oben erwähnten akademischen Fachbereich ist die Normalbehandlung der weiblichen Minderheit nicht vom Himmel gefallen, sondern musste erst mal durch Thematisierung der Andersbehandlung auf den Tisch gebracht werden... vor 20, 30 Jahren wurden weibliche Historiker noch deutlich weniger Ernst genommen ("Vielleicht sollten Sie das erst noch mal nachlesen, mein liebes FRÄULEIN...") als heutzutage. Die Gamer-Szene hat diesen Prozess einfach noch nicht durchlaufen.
Was schade ist. Denn eigentlich sind wir doch vernünftige und aufgeschlossene junge Leute, oder?
Das Problem ist: es gibt keine Gaminggemeinschaft als 'ein Ganzes'. Die Anhänger des Hobby 'Gaming' bekriegen sich untereinander wegen
allem. Sei es, welche Spiele sie mögen, welche Konsolen sie favorisieren oder welche Genres ihnen gefallen - es artet immer nur in "Krieg" aus. Und ich orakele ziemlich sicher: auch diese 'Ansprache' des Themas wird nicht viel ausrichten, einfach weil innerhalb des Hobby Gaming viel zu viele Fraktionen sind, die zu sehr mit sich beschäftigt sind. Die rotten sich dann eher zusammen und bekämpfen den "neuen Feind" als dass sich etwas ändert. Denn die eine, gemeinsame "Sache" ist einfach nicht da.
Und es ist eigentlich auch ironisch, wenn du mich fragst. Es ist nicht lange her, da wurden wir als picklige Nerds ohne Freundin, ohne Leben 'dargestellt'. Als potentielle Terroristen und Amokläufer, auch emotionale Verkrüppelung durch Videospiele hat man uns angehängt. Im nächsten Atemzug kommt dann aber natürlich direkt die Forderung, 'Gleichberechtigung' in unserem Hobby zu schaffen etc etc...das beißt sich, wenn du mich fragst. Denn jetzt sind wir das alles - und zusätzlich noch Sexisten.
Auch wenn ich nicht auf Seite derer stehe, die sich angegriffen fühlen von dem Thema, so kann ich doch gut 'verstehen', warum mancher sich angegriffen fühlen kann.