Merandis hat geschrieben:[...]
Aber um nicht weiter auszuschweifen, noch ein Zitat zum Schluss:
My philological studies have satisfied me that a gifted person ought to learn English (barring spelling and pronouncing) in thirty hours, French in thirty days, and German in thirty years. It seems manifest, then, that the latter tongue ought to be trimmed down and repaired. If it is to remain as it is, it ought to be gently and reverently set aside among the dead languages, for only the dead have time to learn it.
Mark Twain
Dieses Zitat bringt es auf den Punkt: Wenn die deutsche Sprache sich nicht verändert, dann wird sie als gesprochene Sprache aussterben. Mark Twain schrieb seinen Kommentar zu einer Zeit, in der Sprachpurismus hierzulande populär wurde, zusammen mit ungesundem Nationalismus. Heute sieht die Situation anders aus, dennoch bleibt Deutsch eine sehr schwierige Sprache, was durch die anhaltenenden, wenn auch überraschend erfolglosen Bemühungen einiger selbsternannter Sprachschützer unverändert bleibt. Zum Glück besitzt die deutsche Sprache eine sehr offene Struktur und ein sehr großes Lautspektrum, was es erlaubt, fremdsprachige Begriffe einfach zu integrieren und anzupassen. Das unrühmliche "gedownloaded" ist zwar ein hässliches, aber dennoch anschauliches Beispiel für die Flexibilität unserer Sprache.
Wie oben bereits von anderen angesprochen wurde, gibt es eigentlich nicht die deutsche Sprache. Es gab mal eine Reihe von Dialekten, die jedoch allesamt dabei sind, auszusterben, bzw. bereits praktisch ausgestorben sind. Das Aussterben der deutschen Dialekte begann im Prinzip spätestens mit der Entstehung des deutschen Nationalstaates im 19. Jh. Regionale Identitäten und Grenzen verschwanden und das norddeutsche Hochdeutsch eroberte mit der Zeit unser Leben. Ähnliche Entwicklungen sind in allen Teilen der Welt zu beobachten. Da die räumlichen Distanzen innerhalb der Länder und der ganzen Welt schwinden, verschwinden in jedem Land dieses Planeten (mit Ausnahme von China, aber das ist ein anderes Thema) regionale Dialekte.
Interessanterweise übersehen die meisten Sprachpuristen heutzutage diese regionalen Dialekte und beziehen sich immer auf ein imaginäres, angeblich reines Hochdeutsch, das es nie oder nur in den Phantasien der nationalsozialistischen Sprachpfleger gegeben hat, als diese versuchten, fremdsprachige und insbesondere französische und "jüdische" Begriffe und Redewendungen aus der deutschen Sprache zu tilgen, bekanntermaßen erfolglos.
Besonders witzig ist es immer, die Publikationen von Sprachpuristen nach Wörtern abzusuchen, die aus anderen Sprachen (insbesondere dem Französischen) entlehnt sind, aber schon lange genug in der deutschen Sprache vorhanden und akzeptiert sind, sodass diese Kleingeister es nicht merken. So wie Deutsch vor 200 Jahren von dem damals zur Bildungs- und Weltsprache gewordenen Französisch (und zuvor von vielen anderen Sprachen) beeinflusst wurde ("Jeder soll nach seiner Facon selig werden"- Friedrich der Große), so wird es heute von Englisch. Das ist ein natürlicher, weitgehend ungelenkter Prozess, der nichts anderes tun wird, als unsere Sprache zu bereichern und zu verändern. Das ist weder schlecht, noch gibt es irgendeinen plausiblen Grund es zu verhindern, außer vielleicht überstiegenem Nationalismus und kulturell-sprachlicher Ignoranz und Inflexibilität, sowie die fehlende Bereitschaft, neue Begriffe zu lernen (man beachte den hohen Altersschnitt bei den Sprachpuristen).
Die deutsche Sprache ist wie ein Schwamm, der flexibel und begierig Begriffe und Elemente anderer kompatibler und gerade populärer Sprachen aufsaugt. Das ist gut, denn so ist das Überleben dieser Sprache, wenn auch nicht in der fiktionalen Urform, auf lange Sicht gewährleistet.
Sprachen, die sich nicht verändern können oder wollen sterben aus. Ein schönes Beispiel ist Latein. Schon zu Beginn unserer Zeitrechnung, also mehr als vier Jahrhunderte vor dem Untergang des (West-)Römischen Reiches, hatte Latein seinen Zenit erreicht. Danach gab es keine nennenswerten sprachlichen Veränderungen mehr, stattdessen begannen viele Römer, die Sprache der einstmals verachteten Barbaren zu sprechen, zusätzlich neben dem schon vorher hoch geachteten Griechisch. Weil Latein zu unflexibel geworden war, um sich noch zu verändern, starb es schließlich als gesprochene Alltagssprache aus und wurde zu einer Amts-, Bildungs- und Kirchensprache. Heute steht diese obsoltete Sprache stellvertretend für die Inflexibilität und Rückwärtsgewandtheit der katholischen Kirche, welche sie noch immer oft benutzt. Und für unser veraltetes Schul- und Universitätssystem, das nicht selten Latein vorraussetzt, obwohl es, außer für Historiker und Archäologen, keinerlei Wert mehr besitzt.
Meine Meinung. Lol, ROFL und Konsorten benutze ich trotzdem nicht. Man muss es ja nicht übertreiben mit der Toleranz, außerdem bin ich glaube ich schon zu alt für solche Kindereien.
Ich würde ja gerne mal ein oder zwei Jahrhunderte in die Zukunft reisen und (neben vielen anderen Dingen...) gerne mal sehen, wie sich unsere Sprache verändert hat. Ich vermute und wette, dass dann englische Begriffe bis dahin ähnlich
smooth integriert worden sind, wie heute die französischen...