hmmm EIGENTLICH wollte ich mir diese Diskussion nur gemütlich aus der Diatanz angucken und hier und da mal ein wenig schmunzeln, aber was mittlerweile hier abgeht, zwingt mich dazu nun doch ein wenig einzugreifen.
Zunächst einmal:
-DA:O gehört zu meinen absoluten Lieblingsspielen der letzten Jahre und ist neben dem Hexer und den beiden Fallouts mein Top-Game der letzten 5 Jahre.
-Ich besitze die DA2 Signature Edition, die ich jetzt mittlerweile gute 7 Std. gespielt habe.
-Ich war entmutigt durch die mittelmäßige Demo
So und nun zu meinem Senf:
Allem voran der Test vom lieben Herrn Luibl. Ich schätze ihn als Kolumnist und auch einige Tests von ihm (Mario, Demon Souls, etc.) sind großartig und haben mir Kaufentscheidungen erleichtert. Aber hin und wieder hat dieser Mann absolute Totalausfälle, die ich absolut nicht nachvollziehen kann. Neustes Opfer:
Dragon Age 2!
Ich habe wie oben gesagt nun schon das ein oder andere Stündchen hinter mich gebracht, und ja:
- Der Anfang ist eine kleine Frechheit (ich beziehe mich nur auf den "Prolog", der von Zwerg Varric erzählt wird).
-Das Spiel hinkt im Großen und Ganzen DA:O hinterher, aus Gründen, die ich gleich erläutern werde.
-Einige Elemente des Gameplays, wie zB das Fehlen der Rüstungen für Party-Mitglieder und das Backtracking, sind unglücklich gewählt.
Aaaaaaber:
Das kann bei weitem nicht Luibl's Ernst sein, was er uns da auf 7 Seiten Wall of Text von der Kanzel runterpredigt. Der Mann, der den Test von Gothic 3 (68%) geschrieben hat, will uns nun einbläuen, dass DA2 sich nur minimal (im absolut überschätzten Prozent-Wertungssystem um 2%) von diesem Bug-Massaker, welches das Ende von einer der wohl besten RPG-Serien überhaupt darstellt, unterscheidet (und ja: diese beiden Games kann man sehr wohl miteinander vergleichen)?!
Ich habe Gothic 3 gekauft, installiert und war nach einer Weile entsetzt (und das noch nicht mal wegen den ständigen Abstürzen). Es wirkte unfertig, das Gameplay war grausam (vor allem die Kämpfe, die erstmal 3-4 Patches gebraucht haben, um überhaupt ansatzweise zu funktionieren!!!), das Skript der Story war eine halbe Din A4 - Seite lang, die Welt war riesig, aber gefüllt mit Langweile, und alles in allem verging einem die Lust innerhalb von 5-6 std (wenn man hardcore-Fan der Reihe war).
Nun kommt DA2. Der Vorgänger war ein Parade-Beispiel für ein
MODERNES (ja auch ich habe alle Klassiker gespielt und trauere dieser Qualität nach...) RPG.
DA2 distanziert sich klar von DA:O. Die Story des Vorgängers ist abgeschlossen und bedarf weder eine Korrektur, noch einer an den Haaren herbeigezogenen Fortsetzung. Die Verderbnis ist VORBEI. Zeit für was Neues? Ja!
DA2 macht das ganze klever. Eine Story wird erzählt, die nun ein Einzelschicksal beleuchtet. Untypisch, aber auf keinen Fall ein Bruch an der Spiele-Serie "Dragon Age", da es erst der 2. Teil ist, und so keinerlei Traditionen bricht (sowie SH2 damals nicht den ersten Teil fortgesetzt hat, sondern sich auch der Studie eines Charakters gewidmet hat

).
Die Story ist zudem interessant und bezieht partiell die Handlung des Erstlings sinnvoll in das Universum ein, denn das ist ja trotzdem gleich geblieben.
Erster Kritikpunkt von den Gegnern:
Die Welt ist nicht episch groß. Nur eine Stadt.
Ja! Das ist richtig! Aber keinesfalls schlimm. Muss ich immer den Fantasy-Einheitsbrei vorgesetzt bekommen, in dem ich in bester HdR-Manier die komplette Welt bereise, nur um dann den 20-30 Jahre alten "Gut vs. Böse"- Plot zu bekommen? Ist es nicht mal erfrischend sich einem Schauplatz zu widmen und diesen über eine ganze Dekade zu begleiten? Ich finde schon! Es ist was Neues und das ist es, was den ganzen Braten DA2 so wohlriechend macht. Alle schreien nach Innovation, ziehen dann aber die Köpfe ein. Es reicht wohl, wenn man statt einer Waffe auf einmal Waffe und Zauber (uuuuuuuh!) zusammen kombinieren kann (s. Skyrim), um den Innovationsbonus in Sachen RPG zu kassieren. Traurig!
Schade ist nur das Backtracking, das stattfindet und das auch ich definitiv zu einer der großen Schwächen des Games zählen würde.
Zweiter Kritikpunkt der Gegner:
Kämpfe sind zu actionlastig!
ein ganz dickes:
FALSCH! Bioware versucht nur mehrere Lager der RPG-Freunde glücklich zu machen und bietet Optionen!
Die Action-RPG-Liebhaber oder Neulinge des Genres können auf "Leicht" oder "Normal" spielen und meist einfach Knöpfchen drücken, sowie hier und da mal eine Spezialattacke auslösen. Doch auch auf "Normal" wird es hier und da mal knifflig!
Die RPG-Pros haben den Schwierigkeitsgrad "Schwer". Wer hier nicht pausiert, Befehle verteilt, seine Party einzeln sinnvoll positioniert und immer stets aufmerksam ist. Stirbt schon im Prolog einige Tode. Das Spiel artet dann in eine Taktik-Schlacht aus, in der man öfter das Standbild und das Ringmenü sieht, als den flüßigen Kampf.
Ich finde die Kämpfe so extrem fordernd. Das einzige was nevt ist, dass man für jede Attacke den Knopf drücken muss.
Aber das lässt sich verschmerzen, wenn man dann aus großen taktischen Möglichkeiten schöpfen kann. Ich kann jedem Party-Mitglied zig verschiedene Taktiken zuweisen und ihm sagen, wie es sich in welcher Situation verhalten soll. Das ist doch klasse und genauso wie im hochgelobten Vorgänger. Das EINZIGE was sich zu DA:O verändert hat ist, dass die ersten beiden Schwierigkeitsgrade Neulinge nicht überfordern (so wie es bei LEICHT und NORMAL eigl. auch sein sollte) und das man eben leider immer den Knopf drücken muss. Das sind jedoch, wie gesagt, minimale Veränderungen gegenüber dem Vorgänger. Also: Schmarn!
Dritter Kritikpunkt:
Der Anfang....sooooo schlimm!
Ja! Die erste halbe Stunde, aber dann beginnt das Spiel Fahrt aufzunehmen. Man lernt schnell Einzelschicksale der Party kennen, erfährt viel über die Familie des Helden und entwickelt Sympathie oder Apathie gegnüber verschiedenen Figuren. Na klar, die Story wird nicht direkt mit einer epischen Schlacht, wie zB bei DA:O begonnen, aber muss jedes RPG immer demselben Schema folgen?!
Nun zur Geldsammelei: Hat irgendwer hier schonmal
Baldurs Gate: Schatten von Amn gespielt? ratet mal was man da macht...
Natürlich hört sich das nicht spannend an, aber das ist es! Die Nebenquests sind klasse und verstecken sich nicht hinter dem ersten Teil. Es ist doch logisch, dass die Familie erstmal irgendwie an Geld kommen muss (egal mit welchem Ziel)! Außerdem lernt man so ganz wunderbar die Stadt kennen, sowie deren Bewohner und die ganzen Hintergründe der gesamten Spielwelt. Die sind nämlich mal wieder so komplex, dass sich der Kodex im sekundentakt mit Infos füllt. Und wer die nicht liest, der muss mir nicht damit kommen, er sei ein Hardcore-RPG'ler, der sich gerne in die Welt des Spiels reinsaugen lässt. So ist das nunmal bei RPG's. Ich kenn keines, das mir jedes Detail der Spielwelt in einer Cutscene präsentiert. Lesen gehört dazu. Ob Bücher oder Dialog.
Vierter Kritikpunkt:
Die Welt an sich:
Ja, sie ist nicht besonders groß! Ja, sie ist nicht besonders belebt!
Mit der Größe ist das so eine Sache. Solange es genug zu tun gibt, stört mich die Größe an sich nicht, denn auch an DA2 sitzt man locker 40 Std.
Natürlich ist es schöner, wenn man wie bei Fallout: New Vegas diese 40 Std. braucht, um überhaupt mal auf den Strip zu kommen (so war es zumindest bei mir), aber das war weder die Absicht von DA:O, noch die von DA2. Die Welt ist gut, so wie sie ist. Es gibt genug zu entdecken und genügend Leute zum quatschen. Schade ist, dass auch viele Charaktere mit Namen den Spieler mit Standart-Texten bewerfen, anstatt mit einem Dialog, aber womöglich spielen diese im weiteren Verlauf eine Rolle. Wer weiß!
Und ja, die Welt ist nicht besonders belebt. Es stehen zwar zig Leute in der Gegend rum, aber nur die wenigsten Bewegen sich wirklich oder haben einen Tagesablauf (aber auch davon gibt es ein paar!). Aber wo war das denn bitte anders (The Witcher und Gothic ausgenommen)? Auch das angeblich heilige Morrowind oder der Nachfolger Oblivion hatten eine sterile Welt (sogar noch wesentlich steriler als DA2!). Mass Effect war nicht anders (und ja ich zähle Mass Effect auch mit, da es ebenfalls ein MODERNES Rollenspiel ist, zumindest der erste Teil).
Rollenspiele sind selten unglaublich stark belebt. Ich finde DA2 und auch die anderen genannten Titel machen trotzdem Laune und haben trotzdem eine klasse Atmosphäre. Die Story und die Welt an sich machen den Reiz aus. Ich muss nicht an jeder Ecke einen Kerl treffen, der gerade seinen Vorgarten bepflanzt oder sein Gesicht in ein Wasserfass hält.
So die Hauptkritik ist somit abgespeist. Bleibt nur zu sagen, dass 70% für dieses Spiel eine Frechheit sind. Und das nicht, weil ich besonders wild auf hohe Prozente bin (die Wertungen sind mir sogar ziemlich egal!), sondern weil es dank solcher Erbsenzähler-Tests nicht die Beachtung bekommt, die es verdient. Natürlich ist DA2 kein Meisterwerk und auch kein DA:O, aber es ist auf keinen Fall ein zweites Gothic 3!
Das Spiel hat eine Welt, deren Hintergründe akribisch ausgearbeitet sind, tolle Charaktere, eine interessante Story, die dazu motiviert sie zu spielen, und eine tolle Präsentation samt moralischer Entscheidungen und Bezügen zum Vorgänger, die (so klein sie auch sind) Fans ein Lächeln auf das Gesicht zaubern werden.
Es ist kein Superspiel, das es mit den Klassikern des Genres wie Planescape, BG oder sonstigen aufnehmen kann, aber es ist der Beweis, dass auch heutzutage noch RPG's gemacht werden, die versuchen neu und alt zu verknüpfen. Eine Wertung im unteren 80er-Bereich (oder auch glatt 80) wäre genau richtig gewesen, denn es ist wie gesagt kein Meilenstein. Aber immer noch ein "gutes" spiel und nicht eines, das nur "befriedigt", schon gar nicht "befriedigt" wie ein Gothic 3 (das fazit dieses G3-tests ist eine glatte frechheit!).
Ich kann jedem Fan der Serie und jedem RPG'ler empfehlen. Kauft es euch unbedingt und lest die tests von eurogamer und gamezone, denn die haben in dem Fall absolut Recht!
Vielleicht hat der gute Jörg ja jetzt wieder für einige Monate genug gestänkert und wir können wieder nachvollziehbare tests und wertungen von ihm erwarten!
Eins noch: Wer diesen Beitrag zitiert und in die Diskussion einsteigt, der soll ihn auch ganz lesen und erstmal drüber nachdenken. Dann kann man gerne zurückschreiben und meine Punkte kritisieren.
Und noch was: Die leute, die hier gerade am größten den Mund aufreißen, haben bis auf demo und kurze Videos noch nichts von dem Spiel gesehen. Diejenigen, die es selbst besitzen und eine gewisse Zeit gespielt haben, die haben nicht mal eine halb so schlechte Meinung zu DA2, was man nicht nur in diesem, sondern auch in anderen Foren sieht.
Es gilt mal wieder der dringend nötige, aber meist leider vermiedene Grundsatz: Erst Spielen, dann kritisieren.
Danke
