Leider muss ich zugeben, dass ich das Spiel auch nicht für besonders gelungen halte. Das lag für mich an einer ganzen Reihe von Gründen:
1. Die KI in "The Last of Us" ist in meinen Augen geradezu katastrophal. Bei mir ist es sehr häufig vorgekommen, dass meine menschlichen Begleiter sehr laut in den Hör- bzw. Sichtbereich eines Gegners gerannt sind, der Gegner aber trotzdem nicht auf sie reagierte. Das waren Momente, in denen die bisher aufgebaute Atmosphäre und Immersion wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrachen. Und sie waren leider keine Seltenheit, sondern die Regel. Aus knallharten Überlebensszenarien wurden so ungewollt Slapstick-Einlagen.
2. Auch mit dem neuesten Patch litt die PS3-Version unter einigen schwerwiegenden Fehlern bzw. Bugs: dazu gehören verschwindende Gegner, die dann plötzlich wieder vor einem auftauchen, wenn man zum Beispiel eine Treppe hinaufgeht, gravierende Probleme mit der Physik, nicht ausgelöste Ereignisse oder fehlerhaft platzierte Checkpoints (ich sterbe und starte seltsamerweise beim kommenden Checkpoint, ohne den Spielfortschritt erbracht zu haben).
3. Das eigentliche Gameplay ist imho nicht mehr als Mittelmaß. Sauer stößt mir vor allem die Fähigkeit Joels auf, durch Wände sehen zu können, was dem Spiel einen Großteil des Anspruchs und der Spannung raubt. Diese Option kann man zwar deaktivieren, aber ich bewerte es als kritisch, dass ein Survival-Spiel überhaupt solch eine Möglichkeit als zentrales Gameplay-Element beinhalten muss. "The Last of Us" ist auch geplagt durch ein sehr repetitives Spielgerlebnis. Dabei ändert sich bis zum Ende des Spiels grundsätzlich nichts am spielerischen Aspekt, d.h. es kommt auch nichts Neues hinzu, das das Spiel auflockern könnte. Schleichpassagen und Actionsequenzen wechseln sich ab, und dabei fällt auf, dass die Entwickler die Regeln des Spiels häufig brechen: manche Passagen kann man überhaupt nicht auf dem Schleichweg lösen, da sonst unendlich viele Gegner spawnen (Szene, nachdem Joel Ellie das Gewehr gegeben hat). An anderer Stelle habe ich plötzlich unendlich Munition (als Joel in die Falle tappt). Das Spiel erlaubt sich auch weitere grobe Schnitzer wie ein herrenloses Scharfschützengewehr, das unsere Truppe trotzdem beschießen kann, nur weil die Entwickler nicht eingeplant habe, dass ich so nahe herankomme und sehe, dass niemand am Gewehr steht... Aus spielerischer Sicht sind solche Passagen einfach völlig inkonsequent. Diese Passagen sollen verbergen, dass es dem Spiel an Abwechslung fehlt. Es gibt nur vier Zombiearten, von denen zwei nur sehr selten erscheinen, und auch nur sehr wenige menschliche Gegnertypen. Zudem hatte ich auch das Gefühl, dass die städtischen Gebiete alle mehr oder weniger gleich aussehen und schnell langweilig werden - ein Gefühl, das ich bei der "Uncharted"-Serie zumindest nie hatte. Auch die Abläufe sind irgendwann eingeübt und besitzen keinerlei Überraschungsmoment: Schlauch abschreiten - "action bubble" - erst einmal schleichen - irgendwann entdeckt werden und ballern (oder auch nicht) - alles nach loot absuchen - weiter den Schlauch entlang. Dabei fällt auch auf, dass sich die Erkundung der Umgebung nicht wirklich lohnt, weil man kaum Interessantes oder Nützliches findet und grundsätzlich immer ausreichend Materialien und Munition mit sich herumträgt. Hinzu kommen noch aufgesetzte Rollenspielelemente wie unnütze freischaltbare Fähigkeiten und die obligatorischen Aufrüstspielereien, die Spieltiefe vortäuschen sollen, wo keine vorhanden ist. Rätsel gibt es in diesem Spiel leider auch nicht. Stattdessen darf man schlecht designte und völlig anspruchlose Leiter- und Floß-Aufgaben bewältigen und dabei hoffen, dass die nervige Begleiterin ihre Klappe hält und nicht wieder auf die Idee kommt, ihr Witzebuch auszupacken.
4. Das Szenario: Mein liebster Aspekt der gesamten Geschichte von "The Last of Us" ist wohl der, dass die Epidemie durch Pilzsporen ausgelöst wurde. Und ausgerechnet hier verschenkt man meiner Meinung nach das größte Potenzial. Denn die Hintergründe bzw. wissenschaftlichen Aspekten werden bis auf wenige schnöde Dokumente niemals angesprochen. Stattdessen bedienten sich Naughty Dog an der Klischee-Kiste für Zombie-Stories. Jemand ist aus irgendwelchen Gründen immun, andere werden zu Kannibalen, alles dreht sich nur um Vertrauen und Überleben, der eigentlich Feind ist eigentlich der Mensch, etc... Man kennt das alles sicherlich bereits zur Genüge und bekommt auch nichts Besonderes oder Überraschendes geboten. Regelrecht frech war für mich die Sequenz mit der
, da die Entwickler hier versuchen, den emotionalen Holzhammer auszupacken statt den Konflikt zwischen Mensch und Natur auf subtilere Art und Weise anzusprechen.
5. Fehlende Wahlmöglichkeiten, die zwingend gewesen wären, und Zerstörung der Identifikation mit den Protagonisten:
das hier ist wohl der subjektivste Punkt, aber einer, der mich doch mit am meisten gestört hat. Gegen Ende zwingt das Spiel den Spieler, in einem Operationssaal mehrere Ärzte zu töten, um Ellie zu befreien. Ich als Spieler habe mich zu diesem Zeitpunkt aber schon dazu entschieden, dass es besser wäre, sie für das Wohl der gesamten Menschheit zu opfern. Um das einzige Ende des Spiels zu sehen, muss ich jedoch etwas tun, was ich nicht tun will. Hier wird übrigens die gesamte Kontroverse rund um den Konflikt Storytelling vs. Gameplay mehr als deutlich. Dadurch gibt es leider keine Identifikation mehr mit den Charakteren und ihr Schicksal ist mir letzendlich egal.
Zum Schluss noch ein paar positive Aspekte: die allgemeine Stimmung des Spiels und die Atmosphäre mancher Spielumgebungen haben mich stellenweise sehr begeistert, ebenso der grandiose Auftakt und eine Gruselszene im Keller eines Hotels (einsames Highlight des Spiels). Aufgrund der großzügigen Spieldauer und einer mitunter beeindruckenden technischen Umsetzung würde ich dem Spiel noch eine Wertung von 69% geben - und damit ist es für mich zumindest 13% besser als "Heavy Rain"
.
Wie auch bei "Bioshock Infinite", "Journey", "Heavy Rain" und zwei Drittel aller hier hoch gelobten einstündigen Indie-Spielen gilt daher: wenn man Gameplay für die Story opfert, bekommt man nicht die Spielezukunft, sondern nur mittelmäßige Grütze.