4P|T@xtchef hat geschrieben: ↑21.11.2017 16:50
Spiele sind ja immer Kinder ihrer Zeit. Als ich 1999 gespielt habe, hatte ich natürlich ganz andere Vergleiche, Maßstäbe und Gedanken hinsichtlich einer möglichen Spielezukunft im Kopf. Ich konnte über vieles, was eben damals nicht Standard war, hinwegsehen und empfand anderes, was heute Standard ist, vielleicht als kreativ. In fast 20 Jahren hat sich doch einiges an Ansprüchen und Spieldesign verändert.
Was ich daran nicht verstehe: Bis heute gibt es kein modernes Spiel, das aus meiner Sicht, an die dichte, lebendige Atmosphäre von Outcast herangekommen wäre. Klar, Gothic kam damals ja fast zeitgleich raus und das hat Outcast sogar nochmal übertroffen imo, aber seitdem warte ich auf ein Spiel, dass es schafft, diesen Zauber einzufangen oder sogar noch darüber hinaus zu wachsen.
Aber ich seh da nichts. Ich hab neulich Outcast 1.1 durchgespielt und mir ist da wieder so extrem bewusst geworden, wie sehr ich diese atmosphärischen Spiele vermisst habe,bei denen die NPCs nicht wie stocksteife Puppen irgendwo in der Ecke stehen und nur drauf warten, dass man sie anspricht oder sie alibi-mäßig hin- und herlaufen, nur damit man so tun kann, als ob.
Mass Effect z.B. mag Outcast in vielen Punkten überlegen sein, aber dieses puppenhafte Herumlaufen der NPCs entzaubert für mich oft die glaubwürdige Atmosphäre des Spiels, weil diese dummen NPC-Skripte, aus meiner Sicht, nicht nur nicht zeitgemäß sind, sondern auch ein Zeichen dafür, dass sich die Spielebranche in solchen Punkten nicht weiterentwickelt.
Bei Outcast hingegen...Vieles ist veraltete...Menü-Führung, Kampf, Steuerung, etc. Aber das der Zauber der Atmosphäre des Spiels nach 20 Jahren "entzaubert" sein soll? Hm, das kann ich nicht wirklich nachvollziehen.
Würden moderne Spiele zeigen, wie es noch besser, noch intensiver und technisch wie spielerisch ausgereifter geht, würde ich das verstehen. Man würde sagen: "Schaut euch Outcast an! Da sieht man die Anfänge, für komplexes NPC-Verhalten. Da sind wir heute schon weiter." Aber wie ist das denn nach knapp 20 Jahren? Die NPCs sind immernoch genauso doof. Und oft noch dümmer. Denn selbst AAA-Produktionen schaffen oft nicht mehr als die besagten stocksteifen, stationären NPCs oder halt ein A-nach-B-Skript. Von daher ist Outcast, aus meiner Sicht, absolut nicht veraltet. Es ist, was NPC-Verhalten angeht, immernoch State-of-the-Art. Auch wenn das schon irgendwie echt traurig ist.
4P|T@xtchef hat geschrieben: ↑22.11.2017 10:37
Es gehört zu den großen Forenbashmythen, dass Bethesda nichts erzählen kann. Sie tun es nur anders und du wirst abseits der politischen Hauptstory auch interessante Nebenquests finden; zudem hast du viele Möglichkeiten der Charakterentwicklung und es gibt noch andere Aspekte, die der Hexer nicht bedienen kann.
Dem kann ich persönlich nicht zustimmen. Bethesda mag stehts eine Hauptstory inszenieren, das heißt: Objektiv gesehen hat jedes TES-Spiel und jedes Fallout-Spiel eine Hauptstory, aber diese Story wirkt, fast immer, wie ein absoluter Fremdkörper und es entsteht keinerlei Synergie-Effekt, weil Story und Spielmechanik nicht ineinandergreifen sondern nebenbei koexistieren. Allein die Tatsache, dass Skyrim und Co. auch oder gerade erst recht Spaß machen, wenn man die Hauptstories KOMPLETT ignoriert, zeigt aus meiner Sicht, dass diese kein wirklich sinnvoller Teil des Gesamtkonzeptes sind.
Das sieht man mMn am krassesten bei Fallout4. Während ich zu den Menschen gehöre, die Fallout4 richtig toll finden, ist die Hauptstory absolut unpassend. Die Hauptstory bei Fallout3 war zumindest so konzipiert, dass man noch, mit Augen zudrücken, sagen konnte: "Ok der HC sucht seinen/ihren Vater, aber wenn er/sie halt erstmal wochenlang ziellos durch die Pampa läuft, ist das noch ok, denn der Vater des HC kennt sich schließlich im Ödland aus und kann allein überleben. Irgendwann stößt man bei seinen Reisen schon auf eine Spur." Sodass "freies Erkunden" des Ödlandes und das Verfolgen der Hauptstory noch irgendwie, mehr oder weniger, Hand in Hand gingen.
Bei Fallout4 hingegen wirkt die Story, aus meiner Sicht, wie ein absoluter Fremdkörper und es gibt nur wenige Stellen, wo Story und Spielmechanik überhaupt nur ansatzweise Synergie-Effekte bilden. Ansonsten hingegen passt Gameplay und Story absolut nicht zusammen. Als Vater oder Mutter, der/die in einer gewalttätigen Welt aufwacht und nach dem entführten Kind sucht, macht es absolut keinerlei Sinn, Sammelaufträge für irgendwelche abgerissenen Penner zu machen, Farbe für eine Wand zu besorgen oder stundenlang sein Haus zu dekorieren. Hier entsteht ein Bruch, da die storytechnisch vermittelte Motivation des HC nicht mit dem angebotenen Gameplay-Elementen zusammenpasst. Und das ist kein kleiner "verzeihlicher Schnitzer", denn schließlich wird die ganze Hauptstory darum gestrickt.
Hier noch ein guter (englischer) Artikel zu dem Thema:
http://foobar-rant.lima-city.de/index.p ... oryFailure
Dort werden die Punkte sehr gut zusammengefasst.
Aber selbst wenn wir Fallout4 mal rausnehmen. Bethesda hat es, aus meiner Sicht, noch nie geschafft, eine einleuchtende Lösung für das Problem mit (Haupt-)Stories in einem Open-World-Spiel gelöst. Die Stories werden oft linear erzählt, während das Gameplay dynamisch und non-linear ist. Was hingegen tatsächlich entsteht, sind Synergie-Effekte im Bezug auf die Nebenquest. Durch die nonlineare Abarbeitung der Quests, können durchaus Effekte entstehen, die man grob mit einer Art Storyverlauf assoziieren kann. Zumindest fügen sie sich in das Konzept eines Open-World-Spiels ein.
Die Hauptstory hingegen wird oft streng linear erzählt oder zumindest wird keine Rücksicht auf den non-linearen Charakter des Spiels genommen. Manchmal wird dann halt eine Quest als "extrem dringende, unbedingt SOFORT zu erledigende Aufgabe" etabliert, aber man kann dann locker 100 Stunden spielen, ohne das irgendeine Konsequenz entsteht und dann wird z.T. sogar noch gesagt das man "gerade so noch rechtzeitig" gekommen ist, während der Umstand der Quest komplett wie in einer Art Parallelwelt existiert, sodass die dortigen Ereignisse auch keinen Effekt auf den Rest des Spiels haben, so als würden sie erst dann existieren und relevant sein, wenn der HC diese eben antriggert. Das halte ich für sehr statisch und darum fühlt sich das auch sehr unglaubwürdig an.
Von daher, sehe ich es nicht als Mythos an. Natürlich kann man die Art wie Beth Stories erzählt auch gut finden. Keine Frage. Ich seh dafür aber ehrlich gesagt keine Argumente, außer eben "Find ich halt so." Aber ich freu mich natürlich über Gegenargumente
MfG Ska