Balla-Balla hat geschrieben: ↑29.01.2018 16:50
Da machst du es dir aber arg einfach.
Nö
Was man von der Presse hierzulande längst nicht mehr sagen kann. In fast alle größeren News Blogs oder Webseiten, egal welchen politischen Überbau sie haben mögen, erscheinen Artikel immer mehr in Form von Kommentaren, wobei der Autor ganz klar seine Meinung zu erkennen gibt und diese dem Leser möglichst nahebringen möchte.
Das ist nunmal das Charakteristikum eines Kommentars. HIER kann, darf und soll der Journalist SEINE Sicht der Dinge darlegen. Damit der Leser klar zwischen "Journalist berichtet über neuen Gesetzesentwurf der Regierung" und "Journalist bewertet neuen Gesetzesentwurf der Regierung" trennen kann.
Das Schlimme ist, dass man dem Inhalt dann eben nicht mehr trauen kann. Ist das noch eine Nachricht mit allen Fakten oder schon Propaganda unter Weglassen wichtiger Bestandteile?
Es ist ein Kommentar, kein Nachrichtenartikel, keine Reportage.
Die Presse galt mal als vierte Gewalt in einer Demokratie, das dürfte dir bekannt sein. Das war ein Garant für das Offenlegen von Fakten, die Politik und Staat aus Eigeninteresse verschleiern. Davon ist immer weniger zu spüren.
Du redest von einem Ideal. Was Presse sein sollte (!). Was Presse aber nur manchmal ist. Schon immer. Lies mal Kurt Tucholskys Anmerkungen zu seinen damaligen Journalistenkollegen. Viel Hohn, Spott und ätzende Kritik über die Schweine am Trog, die für ein paar Brocken Abfall vom Tisch der Mächtigen alles schreiben, was diese wollen.
Ich bin kein VTler, der mit dem Unsinn von Gleichschaltung und Lügenpresse daherkommt, wenn aber immer mehr die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt wird, braucht man sich nicht zu wundern wenn die radikale Ecke mit polemischen Vorwürfen kommt, die züchtet man quasi damit. Das haben wir sogar alles schon mal erlebt und nix daraus gelernt.
Dir ist vielleicht bewusst, dass den seriösen Journalisten durchaus bewusst ist, dass sie sorgfältiger sein müssen? Die Problematik wird sehr wohl erkannt und es gibt auch immer mehr Initiativen durch Journalisten, die versuchen Journalismus aus den Fallstricken der rein kommerziellen Verlagsinteressen zu holen, wo die kreischende Schlagzeile mehr Wert ist, als der ruhige, sorgfältig recherchierte Artikel einige Tage später. Ich selbst betreibe gerade im Zuge von aktuellen Katastrophenereignissen (Terroranschlag in XYZ) Nachrichtenabstinenz, weil ich mittlerweile weiß, dass ich NICHTS erfahre, wenn ich 24/7 durch den Nachrichtenzyklus hetze. Die Medien selbst können sich aber dieser Aufmerksamkeitsökonomie nicht entziehen, weil das ihr Geschäftsmodell darstellt. Gäbe es keine Katastrophen, man müsste sie erfinden.
Medien sollten und müssen sich kritische Betrachtung gefallen lassen, gar keine Frage. Aber es hilft auch nichts eine Vergangenheit herbei zu beschwören, die es so NIE gegeben hat. Die Presse war schon immer ein Dreckspfuhl mieser Aufmerksamkeitshascherei, gemischt mit wenigen Momenten klarer Hellsicht und notwendiger Wahrhaftigkeit. Es gibt kein "früher war die Presse aber ..."! Von daher ist umso wichtiger die Journalisten zu unterstützen, die sich aus den kommerziellen Zwängen dieser Branche lösen wollen, um tatsächlich die Vierte Gewalt zu sein, die Presse viel zu oft niemals war.