padi3 hat geschrieben: ↑08.02.2018 15:01Glaube schon, dass IQ vererbbar ist. Wenn man aus sozialschwachen Milieus und Elitären vergleichen würde bzw. Kinder von Geburt vertauschen, würde man es schon merken.
Das kannst du gerne glauben, nur wird es dadurch nicht in der Reinheit wahrer, wie du es dir vorstellst.
Die Intelligenz ist wie alles Psychologische
multifaktoriell bestimmt. Es gibt nicht den einen Faktor, der die Merkmalsausprägung zu 100% vorhersagt.
Die Genetik spielt bei der Intelligenz selbstverständlich auch eine große Rolle - sie sagt aber nicht voraus, wie intelligent (oder wie groß, oder wie blond, oder wie dick, oder wie lustig) ein Mensch wird. Sie setzt gewisse Rahmenbedingungen, innerhalb derer auch zig andere Faktoren letztendlich den Menschen formen.
So viel zum Grundlegenden.
Dann zu deiner These:
"Wenn man aus sozialschwachen Milieus und Elitären vergleichen würde bzw. Kinder von Geburt vertauschen, würde man es schon merken."
Was genau soll das nun heißen? Im ersten Satz redest du davon, daß Intelligenz vererbbar ist - und dann meinst du, daß man einen Tausch zwischen sozialschwachen und elitären Milieus bemerken würde. Was hat die Vererbung mit dem sozioökonomischen Hintergrund zu tun? Weitergedacht heißt das letztlich: Der sozioökonomische Status wird ebenfalls vererbt. Was meines Erachtens doch mindestens sehr zu bezweifeln ist.
P.S.: Zur Frage der Genetik bei der Intelligenz hier der fünfte Google-Treffer, der die Sache verständlich erläutert (und was einem bei den meisten Vorlesungen/Seminaren beim Psychologie-Studium auch gerne gesagt wird, wenn man die Genetik ins Spiel bringt):
https://www.dasgehirn.info/aktuell/frag ... nz-erblich
Die Antwort auf diese Frage wird immer leicht missverstanden. Sagt man etwa 50 Prozent der Intelligenz seien erblich und 50 Prozent Ergebnis der Umwelt, denken viele Menschen: ‚Wenn jemand einen IQ von 110 hat, dann stammen 55 IQ-Punkte von den Genen und 55 von der Umwelt.‚ Doch das natürlich Unsinn. So kann man nicht rechnen.
Um zu verstehen, was solche Zahlen bedeuten, muss man sich anschauen, wie sie zustande kommen. Forscher untersuchen beispielsweise in Zwillingsstudien, um wie viel stärker die Intelligenz eineiiger Zwillinge zusammenhängt, die hundert Prozent der Gene teilen, als die von zweieiigen Zwillingen, die nur 50 Prozent der Gene teilen. Auf diese Weise versuchen sie herauszufinden, wie viel der gesamten Intelligenzunterschiede in den untersuchten Gruppen durch Gene und wie viel durch die Umwelt bedingt sind. Wenn sich die eineiigen Zwillinge bei jeweils identischer Familienumwelt von der Intelligenz her ähnlicher sind als die zweieiigen, so liegt das an ihrer größeren genetischen Übereinstimmung. Jede Zahl, die man aus diesen Untersuchungen gewinnt, ist allerdings im Grunde eine Zahl, die nur für eine bestimmte Population zu einem bestimmten Zeitpunkt gilt.
Wie stark bestimmend die Gene wirken, hängt ganz von der Umwelt in der jeweiligen Kultur ab. Je homogener sie ausfällt — das ist ein Effekt, der auf den ersten Blick paradox erscheint -, desto stärker ist der Einfluss der Gene. In einem Land etwa, in dem alle Menschen die gleichen Chance haben, ihr Intelligenzpotenzial auch umzusetzen, lassen sich Intelligenzunterschiede vollständig durch die Gene erklären. In einem Land hingegen, das den Menschen sehr unterschiedliche Möglichkeiten der Bildung bietet, werden die Gene kaum einen Einfluss haben.
Nach diesen ganzen Vorbemerkungen kann man sagen: Im Durchschnitt sind in Mitteleuropa und in Nordamerika, wo das Bildungssystems bedingt ungleiche Chancen bietet, die Intelligenzunterschiede bei Kindern und Adoleszenten zu rund 50 Prozent auf Gene zurückzuführen.
Die Gene sind gewissermaßen das Grundkapital, das man mitbekommt. Setzt man es nicht ein, erwirbt man kein Wissen, ist es völlig nutzlos. Je besser man das genetische Startkapital einsetzt, desto mehr kann man aus ihm machen. Das heißt aber auch: die Chancen sind von vorneherein nicht gleich verteilt. Nehme ich zwei Menschen her, die gleich motiviert sind, sich gleich stark einsetzen, wird man dennoch Unterschiede finden. Der Effekt des Startkapitals wird in unseren Gesellschaften noch dadurch verstärkt, dass Menschen mit höherem Startkapital im Allgemeinen auch in förderliche Umwelten, wie gebildetere Elternhäuser, hineingeboren werden. Die Folge: Im Erwachsenenalter ist der genetische Einfluss auf Grund dieses Zusammenhangs noch größer. Das ist das Mathäusprinzip: wer hat, dem wird gegeben. Bei älteren Menschen findet man daher in unseren Gesellschaften sogar einen genetischen Einfluss von 70 Prozent.
Auch ist der Einfluss der Gene in verschiedenen Schichten unterschiedlich: In den USA in den höheren Schichten ist der genetische Einfluss größer, hier können die Gene offensichtlich ihre Wirkung besser entfalten. In den niedrigeren Schichten hingegen wirken die unterschiedlichen Umweltchancen viel entscheidender.
Als eine Art Fazit kann man sagen: die genetischen Anlagen wirken nicht gegen die Umwelt, sondern über die Umwelt.