Doc Angelo hat geschrieben: ↑26.03.2018 20:31
Veldrin hat geschrieben: ↑26.03.2018 00:48
Mirror's Edge, Never alone, die meisten Point-and-Click-Adventures und wenn ich Lust dazu hätte würden mir noch zig weitere Beispiele einfallen wo man Widersacher ohne sie zu töten loswerden kann. Überwiegend ist es wohl so und bei Shootern zu 99.9% so, das ist eben das Genre. Gabs da nicht auch das Spiel SWAT wo man auf Töten der Terroristen verzichten konnte oder auch bei dem AAA-Spiel, dessen Name ich grad nicht weiß, wo man ne Polizeimarke hochhalten konnte (war zwar unlogisch, aber man konnte theoretisch ohne zu töten das Spiel erfolgreich beenden, wenn ich mich nicht komplett täusche).
Mirror's Edge ist ein interessantes Beispiel! Es ist zumindest ein Spiel, das man eher nicht als "Waffen-Porno" bezeichnen könnte. Allerdings ist auch hier eine Shooter-Mechanik enthalten. Man kann einen Gegner verprügeln, ihm die Waffe abnehmen und ihn dann damit töten.
https://www.youtube.com/watch?v=NanJMbubfzQ
Never Alone (Kisima Ingitchuna) ist ein sehr schönes Spiel. Ich habs mit zwei 8-jährigen gespielt. Mädchen und Fuchs passen auf einander auf und helfen sich gegenseitig. Das sind die Aspekte bei dem Spiel die ich wirklich schön fand. Was ich aber unnötig fand, war die Rahmengeschichte. Hier ist die Szene, wo das Mädchen in ihrem Heimatdorf ankommt:
https://youtu.be/ZfDkkcbo_k4?t=17m47s
Ich war doch ziemlich überrascht, eine derart heftige Szene in einem Spiel für Kinder ab 6 zu finden. Man muss sich das mal verdeutlichen: Es ist das Heimat-Dorf des Mädchens. Es ist dort aufgewachsen, kennt alle Leute und auch ihre Elten leben dort. Komplett niedergebrannt. Die Leute wurden mit Waffen-Gewalt aus ihrem eigenen Dorf und ihren eigenen Häusern vertrieben. Die Gewalt mit Waffen wird unmissverständlich dargestellt. Insgesamt ist das Design der Zwischensequenz ist ziemlich düster geraten.
Den beiden Mädchen, mit denen ich das gespielt habe, war das doch zu viel. Und das finde ich nachvollziehbar. Sie wollten das Licht heller machen, was schon ein Zeichen dafür ist, das sie ein wenig Angst hatten. Als ich sie fragte, ob wir lieber mit dem Spielen aufhören wollen, kam es wie im Chor: "Nein, nein! Wir ertragen das schon!" Es ist doch irgendwie interessant: Kinder wollen natürlich erwachsen werden. Erwachsene gucken sich Grusel-Krams an. Also fanden die beiden wohl, sie müssten "da durch", denn das wäre ja bestimmt erwachsen (außerdem wollten sie natürlich weiterspielen). Ich halte das für eine fragwürdige und diskutable Dynamik.
Was mir nach der Szene in den Sinn gekommen ist: Es sind auch Flüchtlings-Kinder dabei. Man stelle sich mal vor, dieses Spiel hätte ein Kind gespielt, was in der tatsächlichen und realen Welt sein eigenes Dorf verlassen musste, weil böse Menschen mit Waffen kamen. Ich glaube hier kann wirklich jeder nachvollziehen, das dieses Kind die Szene anders sieht wie die anderen Kinder. Für die einen ist es ein "Freizeit-Drama", für die anderen etwas, was einen heftigen PTSD-Schub auslösen kann.
Das der durchschnittliche Deutsche nicht weiß, wie es ist, wenn Menschen mit Waffen kommen und den eigenen Bruder ermorden, ist eine sehr gute Sache. Das bedeutet, das wir sehr behütet und frei von solchen Bedrohungen aufgewachsen sind. Ich finde die Frage, warum wir dennoch die Gewalt von Mensch an Mensch in so einen Mittelpunkt in unseren Medien stellen, absolut gerechtfertigt.
Zu Never Alone
Aber es stellt das wirkliche leben da. Ich persönlich fand die Gewalt nicht übertrieben dargestellt, nicht übertriebener als in den Nachrichten. Kinder verkraften viel mehr als man ihnen zumutet. Und wenn Erwachsene sich für ihre Kinder, Neffen oder NIchten interessieren und nicht alles allein konsumieren lassen, dann sehe ich darin auch kein Problem. Es reicht schon, wenn die Kinder etwas fragen und man ihnen die Angst nehmen kann, dann hellt sich das Gemüt schnell wieder auf. Die FSK-Angabe ist auch nur eine Empfehlung. Medienkompetente Erwachsene können dann nach eigenem Ermessen das so handhaben wie sie möchten, denn sie können am besten einschätzen was ihre Kinder zuzumuten ist und was eher nicht.
Zu Mirror's Edge
Aber die Betonung liegt auf Kann und nicht Muss. Außerdem ist der Fokus auf Parcour und Flüchten und nicht Töten, Prügeln oder Schießen.
Nochmal zu den Beispielen von Spielen deren Hauptfokus nicht die Gewalt ist oder sogar keine Gewalt vorkommt. Gerade im Nicht-AAA-Bereich oder Indiebereich gibt es zuhauf Titel die keine oder nur sekundär Gewalt enthalten.
Bei
Whispering Willows bin ich mir gerade nicht sicher, das ist eine Mischung aus Point-and-Click und Sidescroller. Der Fokus ist jedenfalls nicht auf Gewalt bzw. Töten
Fort Meow ist ein Towerdefensespiel das keine Gewalt beinhaltet. Man wehrt Katzen ab mit Kissenburgen, Wasserspritzpistolen, Luftballons, Katzenminze oder das krasseste Betäubungspfeile, aber man verletzt oder tötet keine Katzen.
Papo & Yo (Puzzlejumpandrun) enthält auch keine Gewalt zumindest nicht vom Spieler ausgehend und auhc nicht gegen NPCs richtend.
Beyond Eyes, wenn man es Spiel bezeichnen möchte, oder Walkingsimulator, auch gewaltlos
Ich bin mir bei
Beyond Good and Evil gerade nicht sicher, vielleicht passt das auch.
Tengami, Dreadout, Life is strange und all die Portalklone kommen meist ohne jedwede Gewalt aus.
Aber Gewalt gehört oft einfach dazu, ohne diese würde
Fran Bow oder
Harveys neue Augen nicht so wunderbar funktionieren. Nimmt man diesen beiden Spielen Gewalt (die in welcher Form auch immer vorkommt) funktionieren diese nicht mehr. Das gleiche gilt auch für They bleed Pixels,
Distance oder
The Swapper
wo man sich selbst immer wieder töten muss um weiterzukommen
Ob es immer ein Gewaltporno sein muss und ob es nicht schön wäre wenn es häufiger wie in Mirror's Edge gemacht wird, dass man Optionen hat (die auch gute Optionen sind) Konflikte gewaltfrei zu lösen, ist natürlich eine andere Geschichte. Da sage ich, ja Mut zu neuen Wegen Konflikte gewaltfrei zu lösen, wenn es in das Setting, die Lore und zum Gameplay passt, ja her damit. Finde ich gut, da mehr Optionen immer gut sind, also prinzipiell jedenfalls.
Wenn ich bei GOG und Steam in meine Bibliothek schaue bei den Indietiteln könnte ich noch bestimmt 20 weitere gewaltfreie Spiele finden und zähle ich Walkingsimulatoren und Point-and-Click-Adventures dazu sogar noch viel mehr.
Bei AAA-Spielen habe ich aber auch das Gefühl, dass Gewalt omnipräsent ist. Aber kritisieren tu ich dabei primär die Ideenarmut, den fehlenden Mut neue Wege im Gameplay zu gehen.
Apropos Skinner-Box-Effekt: Das konnte man sehr gut beim Spiel Spec Ops: The Line beobachten. Ich glaube nur nicht, dass beim Menschen dieser Effekt immer eintreten muss. Es gibt da nämlich diese eine Szene
wo man mit Napalm auf ein Gebäude und vermeintliche feindliche Soldaten schießen muss
Manche Spieler habe aus welchem Grund auch immer einfach die linke Maustaste gedrückt, weil es ihnen egal ist oder warum auch immer. Wenn man aber ne Zeit lang einfach GAR NICHTS macht, dann kann man
den Befehl sozusagen verweigern und die vermeintlichen Soldaten die eigentlich unschuldige Zivilisten sind vom Napalmtod verschonen
. Da könnte man vom Skinner-Box-Effekt sprechen, da es aber ein virtuelles Szenario ist fehlt da auch die Immersion damit da jeder auf diesen Gedankengang kommt einfach nix zu machen, denn in den meisten Spielen passiert bei keiner Angabe genau das: nichts.