Sie ist aber nicht unwahr.
Frag doch mal eine Zeitung deiner Wahl, was die so im Laufe der Zeit für Leserbriefe bekommen hat.Oder hat man früher auch Entwickler einfach mit Todesdrohungen übersät weil einem der Patch nicht gefallen hat?
Oder einen beliebigen Händler, wie sich Kunden bei Retouren so aufführen.
Der Unterschied ist lediglich, dass eine Menge Dinge einfacher geworden sind.
- Du kannst deine Wut jetzt viel einfacher an die deiner Meinung nach schuldige Stelle richten, weil ein Foreneintrag deutlich einfacher ist als ein Brief.
- Du kannst mit deinem Verhalten in der Öffentlichkeit jetzt viel leichter an eine noch größere Öffentlichkeit geraten, weil irgendjemand ein Handy hat
- Andere können deine o.a. Wut jetzt einfacher lesen, weil du sie ja öffentlich gemacht hast.
Wenn früher der Patch kacke war, dann hast du den Frust in dich reingefressen, weil du ja nicht einfach an die richtige Adresse schreiben konntest.
Alles, was du tun wolltest, benötigte eine gewisse Vorbereitung und während dieser verfliegt schon mal viel Ärger.
Aus dem Grund schreibe ich meinen Kunden auch nicht sofort zurück, hauptsache nicht im Affekt schreiben.
Leute, die ausrasten, hat es auch schon immer gegeben. Der von mir zitierte Film ist von 1993, da waren die Leute nach aktueller Auffassung ja angeblich viel ruhiger...
Damit will ich nicht sagen, dass das alles keine Gesellschaftlichen Auswirkungen hätte. Denn wir als Gesellschaft stehen vor der Herausforderung, wie wir damit umgehen sollen, dass wir jetzt (naja *jetzt*) die Meinung von beliebig vielen Menschen erleben.
Früher haben sich "besorgte Bürger" halt am Stammtisch getroffen, haben sich ne Stunde an zwei ihre Meinung bestätigt, alle haben beflissen weggehört und ich hab davon nix mitbekommen.
Jetzt krakeelt eben dieser Stammtisch auf Facebook/Twitter/Instagram/Tinder/Snapchat/Google+(haha)/Discord/Reddit/Foren/Kommentarspalten/Imgur und schafft es so entweder in meinen Beobachtungsbereich oder in die Medien.
Und ich glaube, wir kommen damit noch nicht klar. So wie Politiker mit der schieren Existenz des Internet.
Will sagen: Früher wäre dieser eine Mensch schätzungsweise genauso ausgerastet, weil aber niemand ein Smartphone hatte, hätten wir maximal in einem Seitenfüller in der Lokalzeitung davon erfahren.
UND, das fällt mir beim Überfliegen auf, natürlich fühlt sich das für Viele anders an, weil sie plötzlich merken, dass sie "Betroffen" sind.
Früher hat ein Entwickler auch Hassmails bekommen, die wurden aber meist von einer Zentrale empfangen und dann weggeschmissen.
Heute steht jeder Entwickler in der Öffentlichkeit* und der Filter fehlt.
*Da kann er/sie/ApacheKampfHubschrauber noch so oft "Privat hier" an den TwitterAccount pinseln.
Und um den Bogen zu einer Bestätigung deiner Aussage zu schlagen, ich denke allerdings auch, dass sich gewisse "Synergieeffekte" ergeben haben. Dass nicht wenige Menschen dadurch animiert werden AUCH ihre Meinung zu sagen, wenn sie sehen, dass andere das auch taten.
Und dass sich dann bestimmte Dinge aufschaukeln können.
NEU ist daran allerdings im Kern nichts... du musst halt nur ein wenig weiter ins "Früher" gehen als deine eigene Kindheit.