SethSteiner hat geschrieben: ↑08.06.2020 17:13
Das erklärt sich übrigens recht leicht daran, dass Diskriminierung ein notorisch rechtes Thema ist. Dafür hast du auch gute Beispiele geliefert. Die Identitätsstiftung der Nation bspw. die gerne mal in Nationalismus gipfelt oder die Meinung, Menschen seien nicht gleich (gleich heißt übrigens nicht "dasselbe"), die nämlich gern in Rassismus und Sexismus und Antisemitismus oder Ableismus gipfelt und alle diese ismen sind typisch rechte Ideologie. Du sagst es wiederum selbst. Du lehnst Egalitarismus ab. Egalitarismus ist aber die Grundlage dafür, dass Menschen gleich vor dem Gesetz behandelt und nicht diskriminiert werden. Ohne Egalitarismus, das sieht man auch an anderen "ismen" wie Feminismus, hat man immer wieder Probleme, weil irgendeine bevorzugte Gruppe übervorteilt bzw. eine andere Gruppe marginalisiert wird.
Darüber hinaus finde ich es bezeichnend, wenn man bei anderen Nationen von "deren Lebensart und Weise" spricht und halt einfach alle über einen Kamm schert. Nehmen wir nur das Beispiel der Beschneidung von Kindern, die in manchen Kulturräumen existiert und wahnsinnig viel Leid verursacht aber von einigen Vertretern eben mit ihrer Lebensart oder eben Kultur gerechtfertigt wird. Selbiger Fall mit den Rechten von Homosexuellen Menschen oder nehmen wir die chinesische Zensur von bspw. Skeletten in Spielen. Alles gerechtfertigt mit "Lebensart" und "Lebensweise".
Niemand scheut sich, sich als links zu bezeichnen, weil es kaum oder gar keine Verbindung zu all diesen Dingen gibt. Man lehnt sie ab und arbeitet daran Missstände zu beseitigen, siehe die Klassifizierung von Vergewaltigung in der Ehe in Deutschland, die von Rechts 25 Jahre abgelehnt wurde. Und wenn eine Ideologie quasi kontinuierlich dagegen steht, Leid zu vermindern und Probleme anzugehen, dann ist es nicht verwunderlich, dass sie sehr weitreichend abgelehnt wird und man sich im allgemeinen vermeidet so zu klassifizieren.
Ein Glück, dass linke Ideologie noch nie deartig menschenfeindliche Blüten getrieben hat...
Es gibt genau einen Grund, warum man keine Scheu hat, sich als "links" zu bezeichnen und das ist die derzeitige Diskurshoheit und die metapolitische Hegemonie. Aber die wird nicht ewig so weit links liegen.
Ich hoffe, dass die Rechte etwas toleranter und weniger gnadenlos mit abweichenden politischen Vorstellungen umgeht, sollte sie diese Stellung einst haben....auch wenn der Gedanke utopisch ist. Ansonsten würde ich hier auch schnell angewiedert weiterziehen bzw. mich nicht mit deren Idealen gemein machen.
Dass alle gleichberechtigt sind, setzt einen starken und funktionierenden Rechtsstaat mit entsprechenden Statuten voraus. Der Egalitarismus dagegen setzt auf die Auflösung von (teilweise ebenjenen) Machtstrukturen, die Abschaffung von Hierarchien und auf den Irrglauben, dass die Menschen nach politischer und gesellschaftlicher Gleichheit streben.
Nationalismus ist ebenso nichts aus sich heraus schlechtes. Ganz im Gegenteil. Es gibt auch ein inklusives Nationalbewusstsein.
Im postmodernen Diskurs wird es natürlich gern als veraltetes und ewiggestriges Konzept den unfehlbaren Segnungen der Weltoffenheit, Buntheit und Vielfalt gegenübergestellt. Aber alles ist vergänglich.
Und zur "Lebensart und Weise" anderer Nationen und Kulturkreise: Das ist deren Sache und nicht die westlicher Gleichheitskrieger samt Übermenschenmoral. Moral ist relativ, blickwinkelabhängig und nicht absolut. Das heißt nicht, dass ich alles was die treiben gut finde, oder so lassen würde. Im Grunde finde ich kulturelle Unterschiede aber spannend, bereichernd und erhaltenswert. Wenn du das ändern willst, musst du da wohl oder übel einmarschieren.
Vergewaltigung in der Ehe war auch vor 25 Jahren strafbar, nur eben nicht als dieser Straftatbestand klassifiziert. Wenn ich nur jedesmal einen € kriegen würde, wenn jemand mit diesem Argument kommt...
Zudem sage ich nicht, dass die Rechte Seite unfehlbar und die Linke per se böse oder dumm ist.
Es ist aber die Seite, bei deren Zielen und Idealen ich derzeit weit weniger Bauchweh kriege, wenn ich sie höre oder lese.
Ein kleiner Denkanstoß zum Schluss: Jeder hat andere Vorstellungen davon, wie das Zusammenleben funktionieren und wie man auch in Zukunft frei und wohlständig leben kann. Trotzdem wollen wir im Endeffekt das gleiche: In Ruhe und Frieden leben und Sicherheit und Stabilität für uns und unsere Nachkommen. Der (wohl nie endende) Weg dahin unterscheidet sich aber signifikant. Auch Rechte haben Einfühlungsvermögen und wollen sich nicht von einem Führer oder einem faschistischen Kader diktieren lassen, was sie zu lesen, spielen, hören, anzuschauen und wen oder was sie zu lieben oder nicht zu lieben haben. Auch Rechte hassen nicht einfach alles Fremde oder haben Spaß daran, wenn andere leiden. Extremismus und Hass gibt es auf allen Seiten und auch in der Mitte. Das Gift ist die Spaltung und die geht nicht von einer Seite aus.