Technisch/Performance:
Auf dem PC gibt es Performance-mäßig nicht viel zu meckern. Die Einstellungen scheinen abseits von RT an/aus scheinen alle nicht sonderlich viel zu ändern, von daher mache ich jetzt einfach mit DLSS "Performance" (mit Nvidia Bildschärfung) und RT Ultra weiter, weil das immer stabil zwischen 50-70fps bleibt und ich das effektiv als flüssig empfinde. DLSS macht bisher eine sehr gute Figur auf einem 1440p Ultrawide screen. Im Menü fällt es stark am Charakter auf, ingame habe ich es bisher nur bei bestimmten Kleidungstypen bemerkt, da gibt es bei einigen Stofftexturen sehr komische Effekte, kann man aber ignorieren. Fiel mir bisher nur auf wenn jemand direkt am Charakter rumhantiert hat und dabei dann z.B. der Pullover mitten im Sichtfeld ist. Die Raytracing Spiegelungen sind insgesamt ganz nett, wobei ich mich da immer noch daran störe dass es nicht immer 1:1 akkurat ist. Displayinhalte werden nicht gezeigt, innerorts sind Lichtquellen manchmal etwas anders, Hauptcharakter fehlt, etc. Draußen sehr nett.
Bugs:
Checkpoint loading crasht 100% immer bei mir, kann man knicken. Ganz klassisch ist darum wieder der quicksave mein größter Freund. Da der innerhalb von 200ms durch ist und auch das Laden eines Spieles unfassbar schnell geht (noch niemals in der Form in irgendeinem Spiel erlebt) ist das für mich als älterer Hase, der auch die 2000er Spiele miterlebt hat damit bekanntes Terrain
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Hin und wieder fliegt auch mal ein Gegenstand einfach mitten in der Luft, aber nichts kritisches.
Gameplay:
Gut genug, hat aber noch ein paar Macken. Dialoge skippen und ducken liegt z.B. auf der gleichen Taste womit mein Charakter sich manchmal einfach mitten im Gespräch duckt, wenn ich nach dem Neuladen durchskippen möchte. Ein paar Gegenstände konnte ich nicht aufheben weil z.B. irgendein Gesprächspartner daneben ist und das Spiel diese bevorzugt oder einfach so nicht. Manche nur, wenn ich mich ducke und direkt davor gehe. Überhaupt sind Gegenstände einfach nur nervig in diesem Spiel. In jedem Raum gibt es mindestens 5 Sachen, die man mitnehmen kann, Diebstahlerkennung gibt es 0 wie im Test angegeben. Man geht also zu irgendjemandem hin für eine Quest, klaut ihm erstmal das ganze Apartment leer und dann geht es weiter. Gegenstände haben damit 0 wert und ich weiß nichtmal mehr, was ich da alles aufgesammelt habe. Wird dann sobald das Inventar voll ist einmal durchgeforstet, ob ich bessere Ausrüstung habe und der Rest verkauft/disassembled. Auch liegt viel zu viel Kram zum lesen rum. Ich mag das eigentlich für worldbuilding, aber hier hat man in jedem verdammten Raum 1-3 neue Sachen zum lesen, das schaue ich mir schon gar nicht mehr an außer es sieht questrelevant aus vom Titel.
Schwierigkeitsmäßig finde ich es bisher angemessen, spiele auf hard und die Kämpfe sind auf jeden Fall sehr knackig bei meinem aktuellen Stand und es lohnt sich extrem, gut zielen zu können. Nervig sind die Netrunner -> Wenn ich es richtig gelesen habe ist es so gedacht, dass sie durch dünne Deckungen weiterhacken können, aber das geht bei mir sogar weiter, wenn ich schon hinter einem ganzen Haus bin. Manchmal klappt es, das damit abzubrechen. Irgendwas ist da mit dem Sichtfeld von denen noch verbuggt glaube ich. Auch 100% keine Kamera auf mich gerichtet gewesen, durch die sie mich noch hätten sehen können.
Ich spiele als Tech-Freak und obwohl ich initial meine Zweifel an der Skillung hatte hat sich für mich jetzt gezeigt, dass sie im Gegensatz absolut OP ist. Mit Tech-Waffen kann man durch Deckungen schießen, wenn man sie auflädt. Das heißt ich kann am Anfang eines Kampfes einfach einmal alle Gegner markieren, um sie auch hinter Deckungen zu sehen, und dann seelenruhig ohne Gefahr die hinter ihrer Deckung abknallen. Die KI reagiert da auch nicht angemessen drauf und hofft weiter, hinter der Deckung Schutz zu haben. Werde versuchen, das nicht zu stark auszunutzen, aber hey, ist nunmal ein Mittel was mir an die Hand gegeben wurde und es gibt sogar Skills, die diese Fähigkeit verbessern. Damit sind im Grunde nur Gegner ein Problem, die aggressiv sich auf einen zubewegen. Sollte vielleicht so geändert werden dass die Gegner das immer tun sobald sie merken, dass man so agiert. Nebenbei ist das auch die einfachste Lösung gegen Netrunner weil man das dann dadurch unterbrechen kann, sie hinter ihrer Deckung anzuschießen.
Was auch noch ein wenig stört sind die Antwortmöglichkeiten (Mini-Spoiler für eine kleine Nebenquest): Ist noch nicht ganz so oft vorgekommen, aber das scheint mir mal wieder ein klassisches "Zu knapp um zu erahnen was der Charakter dann sagt" zu sein. In einer Nebenquest ging es zum Beispiel um jemanden in einer Depression der sich darüber beschwert, dass einer seiner Kollegen ihn nicht versteht weil er ein Macho ist und einfach nur "man up" sagt. Am Ende des Gesprächs kann man ihm dann einen Vorschlag machen wie er mit seiner Situation umgehen soll wo es quasi die Wahl zwischen "Jeder hat sein Limit" und "Du musst weitermachen" gibt. Wählt man zweiteres wechselt der Charakter dann in den größten Arschlochmodus und sagt, dass dieser Kollege ja Recht hat und er mal aufhören soll sich so anzustellen, sinngemäß, womit er dann natürlich angepisst ist und sagt, dass man abhauen soll. Das war schon etwas "wtf?" und ich hab mal direkt neu geladen
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Story/Atmosphäre:
Ich war nach dem Einstieg sehr sehr skeptisch, was das anbelangt. Es wirkte auf mich wie ein GTA-Abklatsch, der null Cyberpunk-flair aufkommen lässt. Der Hauptcharakter ist ein unsympathischer möchtegern-cooler Kleinkrimineller, zu dem man keinerlei Bindung aufbaut. Das englische voice acting passte auch wie Faust aufs Auge zu diesem Verhalten (da ich vorher AC Valhalla gespielt hatte was einen absolut grandiosen Sprecher für den Hauptcharakter hatte fiel mir das direkt negativ auf). Bei der Geschichte ging es entsprechend auch drauf und drüber ohne dass man irgendwie nachvollziehen könnte, warum man die Dinge nun macht. Hauptsache cool und Call of Duty style zu Hip Hop Beats Leute in einer Verfolgungsjagd abknallen, da stehen die kidz drauf bro! Bei dem ersten Keanu Reeves auftritt habe ich da auch schlimmstes befürchtet weil es genau in die gleiche Richtung ging.
...und dann war plötzlich alles anders. Man hat auf einmal eine glaubwürdige Motivation weiter zu machen, philosophische Themen kommen auf, Freund und Feind verschwimmen, die Missionen kriegen einen düsteren Touch, die Dialoge kriegen mehr Zeit zum atmen, der Hauptcharakter bewegt sich auch mal von dieser coolen Masche weg. Es ist von einem Call of Duty + GTA jetzt zu einem Vampire Bloodlines + Deus Ex geworden, und ich fühl mich einfach nur pudelwohl in dieser Welt. Musikalisch gibt es glücklicherweise auch mehr als nur Rap, womit es da für mich auch atmosphärischer und futuristischer geworden ist. Das ganze Spiel hat sich komplett gewandelt, obwohl die Basis noch die gleiche ist.
Die Charaktere gefallen mir bisher auch sehr gut, in Judy hab ich mich schon richtig verknallt und allgemein scheint es mir eine gute Mischung zu werden - jeder Charakter hat auf seine Art etwas spannendes an sich mit vielen Grautönen ohne dabei in einen Einheitsbrei zu verfallen. Die Designs sind auch super, erinnert mich alles wirklich stark an Vampire Bloodlines was zu meinen Top 3 gehört. Bin da hin und weg. Die Lifestory wird auch oft sehr geil eingebunden, was auch ein riesen Pluspunkt für mich ist. Gibt ständig kleine Anekdoten die der Charakter dann aus seinem Nomad-Leben erzählt, bei einer Quest hat die Vergangenheit sogar direkt eine Lösung angeboten, all sowas. Toller Bonus für den Wiederspielwert.
Für mich am PC geht's jetzt also richtig aufwärts und das Spiel ist jetzt auf dem "wird dem Hype gerecht" Gleis nach anfänglicher Skepsis. Bugs sind erträglich um es zu spielen, ist aber eben wieder ein wenig 2000er feeling in dem Stand wo man auch mal verschmerzen muss eine Stelle neu spielen zu müssen.