Kingdom Come Deliverance bewegt sich genau wie Burzum in der berühmt-berüchtigten Grauzone, was die Einordung dementsprechend sehr schwer macht.Halueth hat geschrieben: ↑04.10.2021 11:09Ich hab größtenteils nur die Geschichte mit dem BURZUM-T-Shirt und die Frage nach anderen Ethnien im Spiel mitbekommen. Das alles fand ich persönlich nicht so mega dramatisch, naja die T-Shirt-Sache hatte einen leichten Faden Beigeschmack bei mir hinterlassen. Ich empfand das als negative PR, aber die kann ja auch "gute" PR sein ^^Kajetan hat geschrieben: ↑04.10.2021 10:51Bei KCD gab es eine Ethnologin, die meinte, dass farbige NPCs durchaus in das historische Setting des Spieles passen würden. Kann man als Entwickler gerne ignorieren. Aber nicht die Jungs von Warhorse. Hier hat der Chef ziemlich unhöflich angemerkt, dass niemand ihm was über die Vergangenheit seines Landes erzählen darf. Und dann ist das ein wenig explodiert, weil in erster Linie der Entwickler provoziert und Öl ins Feuer geschüttet hatte. Denn wenn der Chef-Designer in den USA bei einem Alt-Right-TV-Sender auftritt und sich über links-versiffte Geisteswissenschaftler aufregt, dabei ein BURZUM-T-Shirt tragend ... da hat sich jemand gedacht, man kann viel Geld für PR und Marketing sparen.Halueth hat geschrieben: ↑04.10.2021 08:59 Andererseits finde ich es schwierig, dass häufig auch Dinge "hervorgekramt" werden, oder als Argumentationspunkt "bemüht" werden, welche ich dann doch etwas seltsam finde, bzw. das als doch etwas zu konstruiert betrachte, wie damals im Vorfeld des Releases zu Kingdom Come Deliverance.
KCD ist das perfekte Beispiel für einen winzigen Sturm im Wasserglas, der von den sich als Opfer aufspielenden Entwicklern maßlos aufgeblasen wurde, um mehr Aufmerksamkeit zu generieren.
Im Grunde lässt sich dasselbe auch über DC sagen. Dass hier explizit mit rechstextremen Mustern gespielt wird, um über die öffentliche Aufregung Aufmerksamkeit zum Nulltarif zu bekommen. Dass die rechte Szene sich diese Entwickler dann natürlich als Held aussucht, wird in Kauf genommen. Ob dies den Entwicklern egal ist oder ob man sich selbst in dieser Ecke verortet, lässt sich nicht immer so einfach beantworten.
Aber KCD ist mir wirklich nicht als Spiel mit einer rechtsgerichteten, oder sonsteiner faschistisch gerichteten Gesinnungin Erinnerung geblieben, auch nicht im Vorfeld des Releases.
Anders sieht es eben bei "IS-Defense" aus...
Als Beispiel kann man Burzums Album "Filosofem" von 1996 zu Rate ziehen. Das vierte Album wird seit jeher in der Metal-Szene groß diskutiert. Auf der einen Seite ist es musikalisch unumstritten ein Meilenstein im Black Metal und auch die Texte lassen auf den ersten Blick kein rechtsextremes Gedankengut erkennen.
Wenn man sich dann aber ein wenig mit der völkischen Gesinnung auseinandersetzt, dann fallen doch kritische Tendenzen auf.
En skikkelse lå der på bakken
Så vond at de blomster rundt visnet
En dyster sjel lå der på bakken
Så kald at alt vann ble til is
En skygge da falt over skogen
Da skikkelsens sjel visnet bort
For skikkelsens sjel var en skygge
En skygge av vondskapens makt
Jesus Tod
Eine Gestalt lag auf dem Boden,
so bösartig dass die Blumen um sie herum verwelkten.
Eine dunkle Seele lag auf dem Boden,
so kalt dass alles Wasser sich in Eis verwandelte.
Ein Schatten fiel über den Wald.
Als des Gestalts Seele dahinwelkte,
denn des Gestalts Seele war ein Schatten,
ein Schatten der Kräfte des Bösen.
Ähnlich verhält es sich mit der Darstellung der Kumanen in KCD. Auf der einen Seite erklärt das Spiel zumindest textlich, dass die Kumanen ein türkisches Reitervolk waren, das aus der Mongolei vertrieben wurde und Zuflucht in Ungarn gefunden hat, wenn auch unter der Voraussetzung dass man der ungarischen Krone im Krieg als Söldner dient.
In der Darstellung tauchen sie dann aber in exotischen Rüstungen auf, die für das 15. Jahrhundert nicht mehr üblich waren und wirken eher blutrünstig als kultiviert (das andere Armeen und Völker die selbe Grausamkeit an den Tag gelegt haben, wird nicht erwähnt).
Insbesondere die Eingangssequenz hat für mich einen Unterton à la "Alles ist wunderbar in unserer Dorfgemeinschaft, bis der Ausländer von Außen kommt und alles in Schutt und Asche legt". Ich habe KCD irgendwann dann auch zur Seite gelegt, weil ich nicht das Gefühl hatte dass ich da eine historisch fundierte Version des spätmittelalterlichen Böhmens vor der Nase habe. Da wirkt selbst ein Skyrim mit seinen Anspielungen auf Industrialisierung (Dwemer), Vertreibung (Falmer bzw. Schnee-Elfen) und den Cthulhu-Mythos (Dragonborn DLC) durchdachter bzw. fundierter.
Und das macht diese Grauzone eben so gefährlich. Sie wird von Rechtsextremen genutzt, weil sie auf der einen Seite sehr schwammig und schwer greifbar ist und auf der anderen Seite sehr schnell als "linkes Gewäsch" relativiert werden kann. Und damit eignet sich die Methode wunderbar, um sein verkorkstes Weltbild ins Gespräch zu bringen. Mit einem direkten und ehrlichen "Stellt die Türken an die Wand!!!" wird man nicht weit kommen - deswegen die Grauzone.
Ich bin selbst immer wieder auf Black Metal Konzerten unterwegs. Und auch wenn ich meine persönlichen Lieblinge wie Ultha, Endstille oder aktuell auch Kanonenfiber aus Bamberg ganz gut einordnen kann, verhindert das nicht dass an der Theke neben mir ein Holocaust-Leugner und/oder ein Wähler von "Der dritte Weg" steht. Weder Bands noch Locations sind rechts, aber das rechtsextreme Milieu ist dennoch anwesend und beeinflusst die Szene.
Ein ehemaliger Konzer-Kumpel von mir hat auch immer ganz gerne darüber gescherzt, wie er sich als gebürtiger Rumäne selbst deportieren würde. Das hinterlässt trotz Humor dann doch einen ziemlich üblen Beigeschmack.
zu Gender & Sprache:
Das Problem mit Gender und Sprache ist in meinen Augen aktuell der Umstand, dass man zwar auf der einen Seite ein Bewusstsein für den diskriminierenden Aspekt der Sprache hat und merkt, dass sich das Thema "Geschlecht" vor Allem im nicht-binären Bereich abspielt (es gibt auch keine reine linke oder rechte Politik - politische Entscheidungen werden immer im Spannungsfeld verschiedener Strömung (links, rechts, progressiv, konservativ, liberal, reaktionär, etc.) getroffen).
Auf der anderen Seite gibt es aber noch kein sprachliches Äquivalent, das dieser Entwicklung gerecht wird. Unser Sprachgebrauch bzw. unser kulturelles Bewusstsein basiert aktuell immer noch sehr stark auf Gegensätzen (links und rechts, oben und unten, Westen und Osten, Schwarz und Weiß, hell und dunkel, etc.). Und hier wird es m.M.n. noch länger dauern, bis man sinnvolle Lösungen gefunden hat.
Das Gendersternchen finde ich zum Beispiel in der Theorie super. Praktisch fühlt es sich aber weiterhin wie ein Hubbel auf der Straße an - es bremst einfach aus und hilft der Debatte eher weniger.