Ach naja, grundsätzlich ist ja alles, was Du da (bezüglich der Unangemessenheit von Moralisierungen bei der Interpretation von Geschichte) schreibst weitgehend richtig und lesenswert. Du nennst solcherlei Wertungen "belanglos", auch das kann man sicher so sehen. Aber gerade weil es belanglos ist, ist es zumindest in einem Rahmen wie diesem hier auch nicht weiter verwerflich (sofern es nicht in ideologischer Absicht geschieht - etwas, dessen Schmädigs Kritik unverdächtig ist). Einfache Sympathiebekundungen - oder eben das Gegenteil davon - sollten im eher trivialen (geschweige denn wissenschaftlichen) Rahmen einer Spielekritik doch drin sein. Ist ja jetzt nicht so, als hätte Schmädig hier irgendwelche Pamphlete verfasst oder sowas. :wink:Historia hat geschrieben: Leute, ich will eine ordentliche Spielkritik lesen, keine zeitgeistangepasste moralische Wertung über historische Vorgänge für die ihr gar nicht qualifiziert seid. Ich finde es gerade gut, dass Conquistador die Historie nicht verfälscht und daraus ein rosarotes politkorrektes Abenteuerspielchen à la „wir ham uns alle ganz dolle lieb“ macht.
Ich habe Geschichte studiert und sehe das differenzierter, denn man kann eine Zeit nur aus sich selbst heraus beurteilen. Moralische Standards ändern sich nun mal und Protagonisten verschiedener Epochen waren vollkommen anders sozialisiert als wir heute. Sie aus heutiger Sicht zu verdammen oder zu verurteilen ist schlichtweg belanglos. Unsere heutigen moralischen Standards, die sich im Laufe der Zeit auch wieder wandeln werden, würde ein Mensch vergangener Epochen als vollkommen verrückt und selbstzerstörerisch beurteilen. Sind wir heute wirklich besser? Wie werden uns die Menschen in ein paar hundert Jahren beurteilen?
[...]
Ich bitte euch, unqualifizierte moralische Urteile in Zukunft zu unterlassen [...]
Abgesehen davon ist Expeditions: Conquistador (vielleicht hast Du es ja mittlerweile schon gespielt) auch mitnichten so historisch "korrekt" wie Du es Dir erhofft hast. Es inszeniert gewissermaßen die Taten der spanischen Eroberer als großes, spannendes Abenteuer. Die Konquistadorenclique würfelt sich bunt aus Frauen und Männern zusammen und sorgt mit ihren (toll geschriebenen und sehr unterhaltsamen) Plaudereien stets für einen Hauch von Soap-Opera. Es gibt überwiegend oft die Möglichkeit, sich moralisch einwandfrei zu verhalten und unter der sehr großen Auswahl von Charakteren befinden sich strenggenommen viel zu viele nette Helden von nebenan. Wobei es betontermaßen auch möglich ist, sich eine Gruppe von fiesen Drecksäcken zusammenzustellen und sich in der Handlung des Spiels dementsprechend "niederträchtig" zu verhalten.Historia hat geschrieben: So wie ich das verstanden habe, versucht Conquistador die damalige Zeit ungeschönt und möglichst realistisch darzustellen ohne zu werten. Für mich als jemand, der Spiele mit historischem Hintergrund liebt, sofern die Historie nicht nur als bloße Kulisse dient, sondern die Zeit auch Ernst genommen wird mit allen Konsequenzen, ist das eine klare Kaufempfehlung!
Die Frage ist natürlich - stören einen solche historischen Verzerrungen überhaupt? Mich jedenfalls definitiv nicht, denn ein Spiel wie Expeditions erhebt nicht den Anspruch historischer Korrektheit, sondern präsentiert sich eher als Abenteuerspiel in einem fiktional-pseudohistorischen Setting. So betrachtet würde ich Dir das Spiel sehr empfehlen, solange Du nicht mit einem historischen Anspruch daran trittst.